29. Januar
Bayern München – Eintracht 2:2 (1:1)29.01.1966
20. Spieltag Bundesliga 1965/1966
Für Eintracht stand am 20.Spieltag der Bundesliga-Saison ein Auswärtsspiel in München auf dem Spielplan. Nein, nicht gegen 1860 München, sondern gegen Bayern München an der Grünwalder Straße.
München verfügte seit dieser Saison über zwei Bundesligavereine. Bayern hatte sich im Juni 1965 in seiner Aufstiegsrundengruppe 2 souverän (gegen Saarbrücken, Aachen und TeBe) durchgesetzt und war damit in die Bundesliga aufgestiegen. Doch während Aufsteiger meist den Klassenerhalt zum Ziel hatten und heute noch haben, mischten die Bayern gleich munter im Titelrennen mit. Bereits früh in der Saison hatte sich herauskristallisiert, dass es dieses Jahr zu einem harten Kampf dreier Teams um den Meistertitel kommen würde: 1860 München, Borussia Dortmund und Bayern München, mit Außenseiterchancen für den FC Köln. Schon etwas länger führte der TSV 1860 die Tabelle an, aber fast ausschließlich mit der Gefahr, diese am nächsten Spieltag zu verlieren. Und so war es auch an diesem 29.1.1966. Sowohl Bayern als Zweiter als auch Dortmund als Dritter mit je 29:9 Punkten (2-Punkte-Wertung) drohten die 60er mit 30:8 bei deren Misserfolg zu überholen.
Eintracht dagegen stand mit 15:23 Punkten auf Platz 13 der Tabelle, 4 Punkte entfernt am ersten Abstiegsplatz 17. Zufrieden war man in Braunschweig nicht. Das lag aber weniger an der Tabellensituation – Abstiegsängste hatte man in der Okerstadt nicht ---, sondern mehr an dem Start ins neue Jahr. Während man das Unentschieden in Dortmund am 18.Spieltag durchaus als Erfolg wertete und damit dem Meisterschaftsanwärter insgesamt 3 Punkte in der Saison abnahm (4:0 / 1:1), war das anschließende 1:4 daheim gegen den Hamburger SV schlicht enttäuschend. Der „große HSV“, dem man in Oberligazeiten regelmäßig den Vortritt lassen musste, war lange nicht mehr so groß. Er reiste als Tabellennachbar mit derselben Punkteausbeute an, hatte davor nur 1 Pünktchen aus 5 Partien geholt und darüber hinaus im Eintracht-Stadion seit 1960 nicht mehr gewonnen. Da hatte sich die blaugelbe Fanschar schon anderes erwartet als so eine deutliche Niederlage. Über das anschließende Aus in der 1.Runde des DFB-Pokals ärgerte man sich weniger, da so etwas immer in einem Auswärtsspiel bei einem Bundesligisten passieren kann. Erst recht, wenn dieser um die deutsche Meisterschaft mitspielt. Köln? 1860? Erneut Dortmund? – Nein, bei Bayern München mussten sich die „Löwen“ mit 0:1 geschlagen geben!
Eintracht hatte also ihren Premierenauftritt bei den Bayern schon hinter sich. Besonders gute Erfahrungen mit diesem besonderen Aufsteiger konnte man in Braunschweig somit nicht konstatieren. 2:4 zuhause in der Bundesliga, 0:1 auswärts im Pokal – Es gibt bessere Bilanzen! Und nun musste man 1 Woche nach dem Pokalspiel erneut bei den Bayern antreten. Aber war das nicht sogar ein Vorteil? Eintrachts Trainer war zumindest als „Taktikfuchs“ bekannt. Abwarten und „Wolters“ trinken! (Was auch sonst? Die bayrische Plürre genannt „Bräu“ konntest Du vergessen!)
Johannsen musste auf seinen überragenden Spielmacher Ulsaß verzichten und schickte folgende Elf auf den Platz: Wolter; Brase, Meyer; Schmidt, Kaack, Bäse; Gerwien, Dulz, Krafczyk, Moll, Maas. Bayern trat mit seiner berühmten Achse Torwart Sepp Maier – Dirigent Franz Beckenbauer – Torjäger Gerd Müller an, die künftig für Deutschland noch Großes leisten und 1974 auch Weltmeister werden sollte. Aber auch die Stürmer Ohlhauser und auf den Flügeln Nafziger und Brenninger waren (qualitativ) nicht zu verachten.
21.000 Zuschauer, vorwiegend aus dem „Königreich“ Bayern, sahen zunächst eine bessere Heimelf, die auch folgerichtig in der 23.Spielminute durch Drescher (nach Solo) 1:0 in Führung ging. 13 Minuten später passte Krafczyk auf Maas, der seinen Gegenspieler stehenließ und mit hartem Schuss Torwart Maier überwand. Tor! 1:1 (36.)!



Es schien so, als ob die Bayern-Spieler nicht begreifen konnten, dass der BTSV ohne Ulsaß überhaupt Tore schießen konnte. Immerhin hatte Ulsaß als Einziger bisher gegen die Bayern getroffen (2x beim 2:4). Aber nun war es passiert! Pause!
Man kann wohl annehmen, dass Beckenbauer & Co sich in der Pause vorgenommen hatten, etwas zielstrebiger zu agieren, aber nach der frühen erneuten Führung durch Müller, der in seiner typischen Abstaubermanier einen Abpraller zum 2:1 verwertete (48.), verfielen sie wieder in ihre alte Spielweise. Sie setzten nicht energisch nach, um die Partie endgültig zu entscheiden, sondern taten nur das Nötigste. So sah es zumindest aus. Vielleicht ließen die Blaugelben aber auch einfach nicht mehr zu. Wie dem auch gewesen sei: Eintracht kam zurück und erzielte durch einen abgefälschten Schuss von Krafczyk nach einer Ecke in Minute 78 den erneuten Ausgleich zum 2:2. Was folgte, war ein wütendes Anrennen der Bajuwaren mit gleich 7 Spielern. Diese liefen sich jedoch immer wieder in der engmaschigen Deckung der „Löwen“ fest. Vielleicht wäre ein früheres Abschließen eines Angriffs durch einen (Distanz-) Schuss erfolgreicher gewesen, aber das taten sie nun einmal nicht. So blieben die Angriffe meist ungefährlich. Gefährlich jedoch waren Eintrachts Konter über Maas, der wiederholt die Form von Sepp Maier testete. Dieser präsentierte sich jedoch aufmerksam und in guter Verfassung, sodass auch dem BTSV kein weiterer Treffer gelang. Es blieb beim 2:2.
Die Bayern waren natürlich enttäuscht, zumal die beiden Konkurrenten um die Meisterschaft ihre Spiele gewonnen hatten. Eintracht und seine Fangemeinde dagegen waren zufrieden. Zumindest die Bilanz gegen das Spitzentrio konnte sich sehen lassen. Gegen Dortmund 4:0 und 1:1, gegen Bayern 2:4 und 2:2 und gegen 1860 zuhause 2:2. Das Auswärtsspiel bei den Münchner Löwen stand erst am 28.Spieltag auf dem Spielplan, ‚aber dort würde man bestimmt auch ´was holen.‘ – Es gelang tatsächlich. Die Partie bei 1860 endete 1:1.
Trotzdem wurde der TSV 1860 München Deutscher Fussballmeister 1966. Bayern wurde Dritter … und der BTSV ehrenwerter Zehnter mit einem ausgeglichenen Punkteverhältnis von 34:34.
Übrigens: Bei dem FC Bayern München gewann Eintracht bis heute nie ein Bundesligaspiel. Es gab in 19 Duellen 15 Niederlagen und 4 Unentschieden (s.o; 1.SpT 1975/76 1:1; 3.SpT 1976/77 2:2; 8.SpT 1982/83 1:1)

[Stand: Januar 2021]