30. April
Borussia Neunkirchen – Eintracht 1:0 (1:0)30.04.1966
31. Spieltag Bundesliga 1965/1966
Eintracht Braunschweig reiste total entspannt und zuversichtlich zum Auswärtsspiel des 31.Spieltags der Bundesliga-Saison 1965/66 ins Saarland nach Neunkirchen. Am 30.4.1966 stand dort das Duell mit der gastgebenden Borussia an.
Woraus resultierte nun die positive Stimmung der „Löwen“ aus Niedersachsen? Zum einen war der Klassenerhalt – nach einer Saison ohne Abstiegssorgen – seit dem 29.Spieltag auch rechnerisch gesichert, zum anderen konnten sich die Leistungen aus den letzten 11 Partien wahrlich sehen lassen. Nur eine Begegnung davon war verloren gegangen, und die beim 1.FC Köln (0:3), wo man mittlerweile schon gewohnt war, mit leeren Händen nach Hause zu fahren. Die restlichen 10 Spiele hatte man immer gepunktet. 4x hatte die Blaugelben gewonnen, u.a. gegen den amtierenden Meister Werder Bremen, und 6x Unentschieden gespielt, u.a. beim Meisterschaftsanwärter 1860 München (1:1). Erspielte 29:31-Punkte (2-Punkte-Wertung) bedeuteten Platz 10 der Tabelle. Damit war Eintracht Favorit im Duell mit den Saarländern, da diese in höchster Abstiegsgefahr schwebten.
Borussia Neunkirchen spielte nach dem Aufstieg 1964 seine zweite Saison in der Bundesliga. Während der Verein seine Premieren-Spielzeit relativ ungefährdet auf Platz 10 (von 16 Mannschaften) abschloss, bekam er diese Saison früh Probleme. Am 9.Spieltag rutschten die Borussen erstmalig auf den ersten Abstiegsplatz (17.). Dort standen sie nun wieder und wiesen 3 Punkte Rückstand auf Platz 16 auf. Einen Spieltag zuvor waren es bereits 4 gewesen, aber nach dem 2:1-Auswärtssieg bei Eintracht Frankfurt hatte sich der Abstand zum „rettenden Ufer“ bei nun 18:42 Punkten etwas verringert. Dass sich der Abstand nicht um die vollen 2 Punkte verringerte, hatte auch mit Eintracht zu tun. Die Blaugelben hatten nämlich auf Schalke (16.) 1:1 gespielt. Die einzige Hoffnung der Borussen bestand nun darin, einen der drei direkt vor ihnen plazierten Vereine Schalke 04 (21:39), Kaiserslautern (22:38) und dem KSC (23:37) noch hinter sich zu lassen.
Wie schon geschrieben, waren derlei „schwarze Gedanken“ den Löwen aus Niedersachsen in dieser Spielzeit fremd. Der BTSV wollte nur die Erfolgsserie fortsetzen und sich dabei gleichzeitig für die 1:2-Heimspielniederlage aus der Hinrunde revanchieren. Trainer Johannsen schickte zu diesem Zweck folgende Elf auf den Platz: Wolter – Brase, Moll – Schmidt, Kaack, Bäse – Gerwien, Ulsaß, Dulz, Krafczyk, Maas.
Vor den Augen von 20.000 Zuschauern entwickelte sich zunächst ein Spiel zweier gleichwertiger Mannschaften, wobei den Gastgebern die starke Windunterstützung zu Hilfe kam. Borussia stürmte, Eintracht verteidigte umsichtig.



[Torwart Wolter, links Brase]

Insbesondere der schnelle Werner Görts verursachte immer wieder Gefahr, konnte aber stets, wenn auch oft erst im letzten Moment, vom Ball getrennt werden. In Minute 24 ging die Heimelf dann doch in Führung. Walter Schmidt war der Ball an den Arm gesprungen, weil er nach eigener Aussage geschubst worden sei, und Schiedsrichter Weyland (Oberhausen) pfiff Elfmeter. Günther Kuntz, der Top-Torjäger der Saarländer (13 Tore i.d. Saison), verwandelte. Mit dem Spielstand von 1:0 ging es auch in die Pause.
Nach dem Wechsel dominierten eindeutig die Löwen. Allerdings krankten ihre Angriffe daran, dass Eintrachts Spielmacher Ulsaß von seinem Gegenspieler so dicht und so gut bewacht wurde, dass er kaum etwas für den Spielaufbau tun konnte. Da auch die anderen Mittelfeldspieler dieses Manko nicht wettmachten, bekamen die Flügelspieler Gerwien und Maas kaum Bälle. Eintrachts Angriffsspiel blieb daher meist ungefährlich. Als sich Linksaußen Maas dann doch einmal durchsetzte und abzog, traf er nur die Latte (72.). So blieb es bis zum Schlusspfiff beim 1:0. Der Tabellenvorletzte hatte sich den vielumjubelten Sieg dank einer enorm kämpferischen Leistung verdient, wie auch Johannsen indirekt zugab, indem er feststellte: „Wir haben uns den Kampfstil der Borussia aufzwingen lassen.“
Während die Erfolgsserie des BTSV damit zuende gegangen und die Stimmung auf der Heimfahrt nach Braunschweig (zumindest anfangs) getrübt war, wollte nach dem Jubel auf dem Platz direkt nach dem Sieg auch in Neunkirchen dauerhaft keine gute Laune aufkommen. Zu negativ aus Borussen-Sicht waren die Spiele der Konkurrenten gelaufen. Schalke hatte in Hannover 3:0 gewonnen, Kaiserslautern in Nürnberg 1:1 Unentschieden gespielt. Zu allem Überfluss hatte der KSC zuhause noch dem späteren Meister 1860 München ein 1:1 abgerungen. Am Tabellenende hatte sich also praktisch nichts geändert. Die einzige Hoffnung in Neunkirchen bestand nun darin, dass man es im Restprogramm selbst in der Hand hatte: Auswärtsspiele auf Schalke und bei (den schon abgestiegenen Berlinern von) Tasmania standen noch aus sowie zum Abschluss ein Heimspiel gegen den KSC. Schon komisch, was der Spielplan so manchmal für Pointen bereithält! -- Die Borussia aus Neunkirchen konnte das Angebot, das der Spielplan ihr bot, nicht nutzen. Bei Schalke 04 verlor man 0:2 (,wodurch der Abstieg praktisch besiegelt war), ebenso in Berlin 1:2. Da diente der abschließende 1:0-Heimsieg nur noch als Versöhnung mit den Fans. Borussia stieg ab – trotz der 4 Punkte vom BTSV!
Eintracht dagegen holte aus den ausstehenden Partien noch 5:1-Punkte und beendete die Spielzeit auf dem 10.Tabellenplatz mit 34:34 Punkten und 49:49 Toren. In der Rückrundentabelle belegten die Löwen mit 20:14 (6S/8U/3N) sogar Platz 6, nur 1 Pünktchen hinter den Dortmundern, Kölnern und beiden Münchner Vereinen.
‚Vielleicht ging ja was in der nächsten Saison 1966/67 …‘

[Stand: März 2021]

Erzgebirge Aue – Eintracht 2:1 (0:0)30.04.2010
37. Spieltag 3. Liga – 2009/10
Am 30.4 2010, einem Freitag, machten sich ca. 1.500 Eintracht-Fans auf den Weg, um ihre Mannschaft im Auswärtsspiel bei Erzgebirge Aue zu unterstützen. Allein etwa 10 Busse waren unterwegs.
Nun kam es also darauf an ! Dieser 37. und gleichzeitig vorletzte Spieltag in der Drittliga-Saison 2009/10 musste die Vorentscheidung bringen, wer den Aufstieg in Liga 2 schafft und wer nicht.
Die Mannschaft von Erzgebirge Aue hatte dabei die besten Aussichten. Sie führte die Tabelle mit 65 Punkten (+16 Tore) an. Tabellenzweiter war der Zweitligaabsteiger VfL Osnabrück mit 63 Punkten (+15). Dahinter folgten Eintracht mit 61 Punkten (+19) vor dem FC Ingolstadt mit 60 (+22) und Carl Zeiß Jena mit 59 Punkten (+10). Während die Erzgebirgler nur noch einen Sieg zum Aufstieg brauchten, mussten die Blau-Gelben beide Spiele gewinnen, um den Relegationsplatz sicher zu behaupten. Die Voraussetzungen für den BTSV hätten noch besser sein können, wenn die Mannschaft nicht die beiden letzten Auswärtsspiele trotz jeweils großer Überlegenheit 'nur' Unentschieden gespielt hätte (1:1 beim Tabellenelften SV Sandhausen und 1:1 beim Schlusslicht Holstein Kiel). Aber sollte man deshalb meckern als Eintracht-Fan? Wohl kaum! In Anbetracht der Vereinsvorgabe, sich in dieser Saison sicher im Mittelfeld der 3. Liga zu etablieren, hatte das Team die Erwartungen bereits mehr als erfüllt. Stolz konnte man als Braunschweiger in jedem Fall sein -- ganz gleich, wie die letzten beiden Begegnungen ausgingen. Aber vielleicht würde sogar ein Traum in Erfüllung gehen... So wie 2002, als die Eintracht am vorletzten Spieltag ebenfalls in Aue antreten musste und dann am letzten Spieltag den Aufstieg klarmachte.



Das Erzgebirgsstadion war mit knapp 16.000 Zuschauern ausverkauft. Sofern vor der Begegnung Gespräche zwischen den Fans beider Mannschaften stattfanden, verliefen diese meist entspannt. Man war sogar gewillt, sich auf ein Remis zu einigen unter der Voraussetzung, dass der SV Ingolstadt 04, ebenfalls Zweitligaabsteiger, sein Spiel nicht gewinnt. Aue wäre dann bereits aufgestiegen und die 'Löwen' hätten die Chance gehabt, mit einem Heimsieg im letzten Spiel den 3. Platz zu sichern. Und dass die Ingolstädter an diesem Abend Punkte lassen würden, war so unwahrscheinlich nicht. Immerhin mussten sie beim Mitabsteiger SV Wehen Wiesbaden antraten, der aus den letzten 11 Partien 21 Punkte geholt und dabei nur 2x (bei Eintracht und Kickers Offenbach) verloren hatte.
Die 'Löwen' gingen mit dem Handicap in die Partie, auf ihren Innenverteidiger Matthias Henn (5. gelbe Karte) verzichten zu müssen. Jan Schanda sprang für ihn ein. In der Begegnung wirkte sich der Umbau der Abwehr zunächst nicht aus. Eintracht stand in der Defensive sicher. Dasselbe galt aber auch für die Auer. So ergaben sich zunächst kaum zwingende Chancen auf beiden Seiten. Folgerichtig stand es beim Pausenpfiff 0:0.
Eigentlich hätten alle Blaugelb-Infizierten damit zufrieden sein können, wenn sich nicht rumgesprochen hätte, dass Ingolstadt zur Pause bereits 3:1 in Wehen führte. Was half es da, dass Osnabrück zu Hause gegen Kiel ebenso 0:1 zurücklag wie Jena in Wuppertal. Nichts! Offensichtlich musste ein Sieg für Eintracht her.
Den Blau-Gelben war gleich zu Beginn der 2. Hälfte anzumerken, dass sie nun gewillt waren, das Spiel an sich zu reißen. Eintracht agierte und Aue reagierte nur noch. Dennoch ging die Mannschaft aus dem Erzgebirge durch Hensel in Führung (55.). Einmal nicht aufgepasst! Der BTSV ließ sich jedoch nicht hängen und spielte nun noch zielstrebiger, noch druckvoller. Zwei neue Stürmer (Onuegbu und Morabit für Kumbela und Calamita) sollten helfen, das Spiel zu drehen. Und tatsächlich! 65. Minute, Boland fasste sich ein Herz und zog aus etwa 25 Metern ab. Unhaltbar schlug der Ball oben im Winkel ein. Toooor! 1:1! Der Gästeblock rockte. Nun aber weiter! Von Aue war erst einmal nichts mehr zu sehen. Nur die 'Löwen' spielten. Zwischen der 70 und 80. Minute blieb den Fans dreimal der Torschrei im Halse stecken. Drei gute Möglichkeiten, aber kein Tor. Das eine Ding musste einfach rein, tat es aber nicht. Dann kam die 86. Minute. Bei einem seiner wenigen Entlastungsangriffe erzielte Aue das 2:1. Das war `s! Bis zum Schluss passierte nichts mehr.
Eintracht hatte 2:1 verloren!
Parallel dazu hatte der SV Ingolstadt in Wehen mit 5:1 und der VfL Osnabrück sein Heimspiel gegen die Kieler noch mit 3:1 gewonnen. Lediglich Jena hatte mit dem 1:1 beim Wuppertaler SV auch Federn lassen müssen. Der BTSV war hinter Ingolstadt auf den 4. Platz zurückgefallen.



[beide unteren Bilder von B.Grimm]

Die Auer dagegen hatten allen Grund zur Freude. Der Aufstieg war geschafft. Die Ordnungskräfte öffneten nach dem Schlusspfiff die Fluchttore und ließen die Fans zum Feiern auf den Rasen. Die Eintracht-Fans schauten traurig zu. Sie sahen auch einige Lila-Weiße, denen es offensichtlich wichtiger war, den 'Löwen'-Fans zu höhnen anstatt das eigene Team zu feiern. Nun denn, Hohlköpfe gibt es überall.
Nach kurzer Zeit bahnten sich auch die Eintracht-Spieler den Weg durch die absperrende Polizeikette und bedankten sich mit traurigen Gesichtern bei ihren Fans. Unvergessen in diesem Zusammenhang Mirko Boland, der sich seiner Tränen auf dem Platz nicht schämte!
Traurig trat man danach die Heimreise an.
Wer durch die umliegenden Ortschaften rund um Aue fuhr, bekam noch ein Gespür dafür, welche Bedeutung der Fussballverein Erzgebirge Aue für die Region hat. In jedem Ort im Umkreis von 20 km standen Menschen mit Lila-Weißen Schals am Straßenrand und winkten den vorbeifahrenden Autos zu.
Die Chancen des BTSV auf einen Aufstieg waren durch die Niederlage auf ein Minimum gesunken. Ingolstadt musste sein Heimspiel gegen den SV Sandhausen schon verlieren, damit Eintracht mit einem Sieg zu Hause gegen RW Erfurt noch einmal vorbeiziehen konnte Und daran glaubten nicht mehr viele. Auch die Parallele zur Saison 2001/02, als man in Aue ebenfalls im vorletzten Spiel 1:2 verlor und den Aufstieg dennoch schaffte, konnte nicht wirklich Mut machen. Die Voraussetzungen waren einfach andere gewesen.
Aber egal! Es konnte kommen, was wolle: Stolz waren die 'Löwen'-Fans in jedem Fall auf ihr Team. Die Mannschaft hatte nicht nur um den Aufstieg mitgespielt, sondern sie hatte ihrem Anhang auch das Gefühl gegeben, alles für die Eintracht und ihre Fans getan zu haben. In Zeiten, in denen manche Spieler die Vereine häufiger wechseln als das Trikot, ein gutes Gefühl für einen Fan!



Die Ultra-Gruppierung 'Cattiva Brunsviga' sah das ebenso und brachte ihre Gefühle in einem offenen Brief an die Mannschaft zum Ausdruck. Diesen offenen Brief druckten sie noch einmal im 'Südkurvenecho' Nr. 40 ab, das sie zum Spiel gegen Erfurt verteilten. In dem Brief hieß es u. a.:

'Wir teilen euch ... mit, dass wir verdammt stolz auf euch ... sind. Ganz egal, wie es nach dem letzten Spieltag ... aussieht, so habt ihr euch in unsere Herzen gespielt und diese zum Glühen gebracht. ... Ihr habt uns das Gefühl gegeben, dass euch Eintracht Braunschweig etwas bedeutet, dass wir Fans ein wichtiger Faktor sind, der euch ... Kraft gibt ... und dass eine gewisse Identifikation mit dem Umfeld unserer Stadt und unserem Verein vorhanden ist. Unbeschreiblich ist ... der Zusammenhalt ... in schlechten Zeiten. Am vergangenen Freitag habt ihr in Aue ... mit uns gemeinsam gelitten. Ihr ... seid ... in die Kurve gekommen. Wir haben gemeinsam getrauert, aber uns genauso wieder gegenseitig Mut zugesprochen. ... Diese emotionalen Momente schweissen einfach zusammen und diese Stärke kann uns keiner nehmen. ... Wir danken euch, dass ihr ... eine geile Saison gespielt habt. Es macht Spaß, eine Mannschaft mit Herz spielen zu sehen. ... lasst uns gemeinsam schauen, wohin uns der Weg führt!'

Ingolstadt spielte am letzten Spieltag 1:1. Genauso endete das (ausverkaufte) Spiel der Blau-Gelben gegen Rot-Weiß Erfurt. Eintracht blieb Tabellenvierter. Ingolstadt schaffte in den Relegationsspielen (gegen Hansa Rostock mit 1:0/2:0) den Aufstieg.
Der Weg führte Eintracht also zunächst nicht in die 2. Bundesliga. Ein Jahr später war das anders! Eine nahezu unveränderte Mannschaft belohnte sich und alle 'Löwen'-Fans mit dem souveränen Aufstieg in Liga 2!
Einen Aufstieg gab es für die Eintracht aber dann doch bereits am Ende der Saison 2009/10 zu feiern. Die zweite Mannschaft stieg in die Regionalliga, die vierthöchste Spielklasse, auf. Respekt!

Eintracht – 1. FC Nürnberg 3:1 (1:0)30.04.2016
32. Spieltag 2.Bundesliga – 2015/2016
Endlich wieder ein Samstagsspiel zu Hause für Eintracht in der 2.Bundesliga!
In der Saison 2015/16 war es für die „Löwen“ erst die dritte (und letzte) Partie an einem Sonnabend (zuvor: zu Hause gg RB Leipzig am 3.SpT; auswärts beim KSC am 22.SpT). Der Spielplan der DFL meinte es wahrlich nicht gut mit dem BTSV!
Mit dem 1.FC Nürnberg reiste zudem ein Traditionsverein an, der sich noch berechtigte Hoffnungen auf den Aufstieg machte. Fussballherz, was willst Du also mehr? Ab ins Stadion an der Hamburger Straße! 21.145 folgten diesem Ruf.
Für den BTSV ging es in der Saison sportlich eigentlich um nichts mehr. Nach 31 Spieltagen mit einer Bilanz von 10 Siegen, 10 Unentschieden und 11 Niederlagen war weder der Abstieg noch der Aufstieg rechnerisch noch möglich. Mit 40 Punkten hatte man 12 Punkte mehr auf dem Konto als der Tabellensechzehnte, aber auch 19 Punkte weniger als der Dritte der Tabelle. Allerdings galt es für die Blau-Gelben, die katastrophale Leistung vom letzten Spieltag beim damaligen Vorletzten 1860 München (0:1) wiedergutzumachen. Außerdem zählte beim Kampf um die Fernsehgelder der nächsten Jahre jeder Tabellenplatz. Und schließlich gab es da noch den Fairplay-Gedanken, der es für die Spieler eigentlich selbstverständlich machen sollte, in jedem Spiel vollen Einsatz zu zeigen.
Gerade in dieser Begegnung vom 30.4.2016 dürfte das den blau-gelben Kickern nicht sonderlich schwer gefallen sein. Die Nürnberger reisten schließlich als Aufstiegsaspirant und bestes Rückrundenteam an (32 P. aus 14 Partien), und man konnte zeigen, dass man eigentlich nicht schlechter ist.
Der 1.FCN war souveräner Dritter der Tabelle und kämpfte mit RB Leipzig noch um den direkten Aufstieg. Nachdem sich der SC Freiburg am Tag zuvor, also am Freitag mit einem Sieg beim SC Paderborn den Aufstieg bereits gesichert hatte, war der Truppe von Getränkeproduzent Dietrich Mateschitz zu Hause nur ein 1:1 gegen Arminia Bielefeld gelungen. RB wies nun 64 Punkte auf. Bei einem Sieg in Braunschweig würde Nürnberg bis auf 2 Punkte aufschließen können. Für die Franken also noch ein zusätzlicher Motivationsschub!
Eintracht musste auf die Verletzten Baffo, Correia, Ofuso-Ayeh, Vrancic und Zuck verzichten und spielte in der Abwehr wieder mit einer Dreierkette. Kijewski, Decarli und Hochscheidt wurden bei Ballbesitz des Gegners von den Außenverteidigern Sauer und Reichel unterstützt. Im Mittelfeld stand der gebürtige Braunschweiger Pfitzner, dem die Vereinsführung ca. 2 Wochen vorher zwar keinen neuen Profivertrag, dafür aber einen Vertrag für die U23 angeboten hatte, wieder einmal in der Anfangself. Vor ihm und Boland sollten Khelifi, Ademi und Holtmann für die Angriffe sorgen. Die Nürnberger vertrauten im Sturm wieder auf die treffsicheren Füllkrug und Burgstaller, die zusammen bereits 25 Treffer erzielt hatten.
Pünktlich um 13 Uhr pfiff Schiedsrichter Dr. Robert Kamtka (Mainz) die Begegnung an. Begleitet wurde sein Anpfiff von einer schön anzuschauenden Pyro-Show in Rot des prall gefüllten Blocks der FC-Fans.



Auf dem Platz dagegen zeigten die Blau-Gelben gleich, dass sie sich für dieses Spiel in der Tat etwas vorgenommen hatten. Reichel war es, der mit einem überraschenden Schrägschuss von links, der am Tor vorbeistrich, den Anfang machte (3.). Auch danach gab der BTSV den Ton an. Erst nach einem weiteren Schuss von Reichel (12.) fanden die Franken besser ins Spiel und kamen selbst zu Chancen. Zwei Kopfbälle von Gislason (14., 21.) verfehlten ihr Ziel nur knapp. Spätestens als ein Nürnberger Freistoß aus 17m um wenige Zentimeter am Eintracht-Gehäuse vorbei ging, mussten selbst die „Löwen“-Fans anerkennen, dass der FC inzwischen mindestens gleichwertig war. Und die Nürnberger wollten nun die Führung mit aller Macht. In der 39.Spielminute wäre es fast so weit gewesen. Ein Durcheinander im eigenen Strafraum konnten die Blau-Gelben noch gerade so beseitigen, indem sie zur Ecke klärten. Diese Ecke fand den Kopf eines Nürnberger Spielers und … Kijewski klärte auf der Torlinie. Puh! Glück gehabt! Vier Minuten später fiel dann aber doch das Tor, allerdings überraschenderweise auf der anderen Seite: In der Nähe des eigenen Strafraums auf der linken Seite schnappte sich Holtmann das Leder und lief in einem Wahnsinnstempo über 60, 70m in Richtung gegnerisches Tor und legte den Ball genau zum richtigen Zeitpunkt quer auf den mitgelaufenen Khelifi. Gegen die Laufrichtung des Keepers schloss dieser ganz cool ab (43.). Toooor! 1:0! Waaahnsinn! Mit diesem Ergebnis ging es auch in die Pause. Etwas glücklich und auch nicht ganz verdient, aber egal! Das Pausen-„Wolters“ schmeckte allen Eintracht-Fans trotzdem.
Die 2.Hälfte begann ausgeglichen mit je einer Chance. Erst traf Khelifi den Ball nach einer schönen Hereingabe von Holtmann nicht voll (47.), dann konnte Gikiewicz Füllkrugs Kopfball zur Ecke klären (54.). Fünf Minuten später hatten die „Löwen“ dann ein zweites Mal Grund zum Jubeln: Nach einer Balleroberung trieb Reichel den Ball zunächst vor sich her und passte dann nach außen auf Boland. Dieser wollte das Leder erneut in die Mitte vor´s Tor bringen, traf aber einen Abwehrspieler des FCN, der die Kugel in Richtung eigenes Tor abfälschte. Der überraschte Gäste-Torwart Rakowsky konnte nur abklatschen, Reichel durfte abstauben (59.). Tor! 2:0!
Die Franken antworteten direkt mit zwei Wechseln (Blum und Möhwald für Gislason und Sepsi), etwas Pyro in ihrem Fanblock und einer guten Chance für Burgstaller nach ihrer 4. Ecke, die Gikiewicz jedoch zunichte machte (64.). Zwei Minuten später fiel dann die Vorentscheidung. Stürmer Orhan Ademi, der mittlerweile wegen seiner Abschlussschwäche bei einem Teil der Fans umstritten, aber an diesem Tag gut drauf war, wie bereits eine tolle Ballbehauptung in der 11.Spielminute andeutete, erhielt den Ball an der Mittellinie. Er lief mit dem Leder die Außenlinie entlang, tanzte einen Verteidiger aus und passte in die Mitte, wo Sauer gänzlich unbewacht mitgelaufen war. Der musste nur noch den Fuß hinhalten und einnetzen (66.). Tooor! 3:0!



Der Nürnberger Trainer zog daraufhin seine letzte Wechseloption (Hercher für Kerk, 67.).
Da die Partie entschieden schien, fanden die Eintracht-Fans in der Südkurve nun Zeit und Gelegenheit, sich gesanglich schon mit dem wenig geliebten künftigen Gegner aus der Landeshauptstadt zu beschäftigen (72.). Künftiger Gegner? Wie denn, wo denn, was denn? Ja, es stimmte! Hannover 96 war bereits am Wochenende zuvor (am 31.Spieltag) rechnerisch aus der Bundesliga abgestiegen. Ooooh! Armer Premiumware-Verkäufer Kind! Vom Mitleid mit dem Hörgeräteproduzenten und (vor allem) mit den armen Menschen, die ihn als Präsidenten oder gar direkt im Ohr ertragen mussten, zurück zum Geschehen auf dem Rasen, denn da tat sich Einiges.
Der FCN hatte sich trotz des deutlichen Rückstands nicht aufgegeben und drängte auf eine Resultatsverbesserung. Während Pfitzner in der 76.Spielminute noch den Schuss eines Nürnbergers, der vermutlich im Eintracht-Tor eingeschlagen wäre, abblocken konnte, fiel zwei Minuten dann doch der Gegentreffer. Burgstaller hatte sich im Strafraum gegen Hochscheidt durchgesetzt und Gikiewicz mit einem Flachschuss ins kurze Eck überwunden (78.). 3:1.
Burgstaller, natürlich Burgstaller! Der österreichische Stürmer, der am Tag zuvor 27 Jahre alt geworden war, ließ sich nur schwer über 90 Minuten kontrollieren, wie Eintracht mehrfach leidvoll erfahren musste. Am Ende der Spielzeit hatte Guido Burgstaller 13x getroffen (6. der Torjägerliste) und zeigte diese Treffsicherheit auch in der Folgesaison 2016/17. Nachdem er in der Hinrunde bereits wieder 14 Tore erzielt hatte und damit die Torjägerliste deutlich (vor Kumbela mit 12 Treffern) anführte, kaufte ihn Schalke 04 aus seinem noch laufenden Vertrag raus. Für die 04er traf er in der Rückrunde dann auch noch 9x.
Nur noch 3:1! Sollte die Partie tatsächlich noch kippen? In der 84. Minute sah es kurz so aus. Einwechselspieler Hercher hatte sich im Strafraum der Blau-Gelben gut durchgesetzt und plötzlich freie Schussbahn. Sein Schuss ging jedoch genau auf Gikiewicz. Gutes Stellungspiel sagen die Einen, Glück die Anderen! Das war dann aber auch die letzte Großchance für die Franken. „Löwen“-Bändiger Lieberknecht nahm mit drei Wechseln Zeit von der Uhr, die Nürnberger kamen zu zwei weiteren Ecken und der eingewechselte Kumbela holte sich noch „Gelb“ ab. Das war´s! Endstand: 3:1! Sieg!



[alle 3 Bilder von B.Grimm]

Der Gäste-Trainer Weiler sprach in der anschließenden Pressekonferenz sogar von einem verdienten Sieg. Sein Team wäre zwar von der 16. Minute bis zur Halbzeit das bessere gewesen, hätte aber zu schlecht verteidigt. Volle Konzentration gelte nun den Relegationsspielen.
Durch den Sieg verbesserte sich der BTSV vom 10. auf den 8. Tabellenplatz. Das sah nun schon wieder besser aus -- angesichts des vor der Saison ausgegebenen Ziels „TOP 5“.
Die Eintracht-Fans gingen jedenfalls zufrieden nach Hause. Nach Hause? Es war ja ein Samstagsspiel, da konnte man doch am nächsten Tag ausschlafen. Für das eine oder/und andere Bier war da auf jeden Fall noch Zeit.
Für die Nürnberg-Fans wird es dagegen keine schöne Rückfahrt gewesen sein. Am Saisonende landete ihr FC lediglich 2 Punkte hinter RB Leipzig auf Platz 3 (65:67) und scheiterte danach auch in der Relegation an Eintracht Frankfurt (auswärts 1:1, zu Hause 0:1).
Was wäre gewesen, wenn der 1.FC Nürnberg in Braunschweig gewonnen hätte...? Jedenfalls in einem Punkt können Nürnberg und seine Fans sicher sein: Eintracht hatte bestimmt nicht so stark aufgespielt, um RB Leipzig zu helfen. Nein, gewiss nicht! Igitt, Nein und nochmals Nein.

[Stand: Juni 2017]

TSV 1860 München – Eintracht 0:1 (0:0)30.04.2017
31. Spieltag 2.Bundesliga – 2016/2017
'Na also ! So schnell kann es gehen. Eben noch durch die Derby-Niederlage am 29.Spieltag (0:1) der Zweitliga-Saison 2016/17 auf Platz 4 zurückgefallen und schon einen Spieltag wieder Zweiter!', dachte der geneigte Eintracht-Fan.
Während die „Löwen“ ihre Hausaufgaben erledigten und den Tabellenneunten VfL Bochum 2:0 besiegten (2 Tore Nyman), gab es bereits einen Tag zuvor ein böses Erwachen in Hannover. 96 kam über ein 2:2 beim Sechzehnten Erzgebirge Aue nicht hinaus. Der Ausgleich für die Erzgebirgler in der 94.Minute (BamS: „Aua in Aue“) bedeutete für den im Jahr zuvor aus der Bundesliga abgestiegenen Club, dass er hinter den BTSV durch das schlechtere Torverhältnis zurückfiel (beide 57 P.). Und da der zweite Absteiger, der VfB Stuttgart, ebenso wie Hannover 96 haushoher Favorit auf den Wiederaufstieg, im Montagsspiel den Tabellendritten Union Berlin (jetzt 54 P.) mit 3:1 geschlagen nach Hause schickte, war die blaugelbe Welt wieder in Ordnung.
Überhaupt musste man als objektiver Betrachter der Eintracht aus der Okerstadt ein Riesen-Kompliment machen. 3 Punkte hinter dem Tabellenführer nach 30 Spieltagen. – Dazu gehörte schon Einiges! Wie es Lieberknecht (in Verbindung mit Manager Arnold) mit verhältnismäßig bescheidenen Mitteln gelang, regelmäßig eine Mannschaft auf den Platz zu schicken, die in Auftreten und Spielweise mit den „Großen“ der Liga VfB, 95+1 , 1.FC Nürnberg und mit Abstrichen 1860 München, dem VfL Bochum und dem 1.FC Kaiserslautern mithalten konnte, teilweise sogar überlegen war, nötigte schon Respekt ab. Natürlich belegte man in der Fersehgeldtabelle inzwischen einen der vorderen Plätze, aber beim Sponsoring konnten einige Zweitligisten wie der Hauptstadt-Club Union Berlin, der auch eine sehr gute Runde spielte, mit ganz anderen, höheren Summen planen.
Der 31.Spieltag sah für die „Löwen“ ein Auswärtsspiel in München vor.
Der TSV von 1860 war nicht mehr die ganz große Adresse im deutschen Fußball. Bis 2004 hatte der mitgliederstarke Verein (über 20.000 Mitglieder) 20 Jahre in der Bundesliga gespielt und mit dem FC Bayern auch die Allianz-Arena gebaut. Jedoch war man kurz darauf abgestiegen, konnte die finanziellen Verpflichtungen, die der Stadionneubau mit sich brachte, nicht mehr erfüllen und war gezwungen, seine Anteile an den Rekordmeister zu verkaufen. Danach spielte der TSV als Mieter in der ehemals eigenen Arena. Auch sportlich war es mit dem Traditionsverein weiter bergab gegangen. Spätestens seitdem der jordanische Investor Ismaik das eigentliche Sagen übernommen hatte (2011), passten die vollmundig verkündeten sportlichen Ziele nur höchst selten mit den sportlichen Leistungen auf dem Platz überein. Beispiel gefällig? Obwohl die 60er 2016 nur knapp dem Abstieg in die Drittklassigkeit entkommen waren, brachte Sponsor Ismaik für seinen Verein ein 50.000 Zuschauer fassendes Stadion mit einem Löwen-Zoo nebenan ins Gespräch. Die Mannschaft aber, u.a. mit den bundesligaerfahrenen Aigner und Olic verstärkt, steckte schon bald wieder in der Abstiegsregion fest. Folge war, dass der Trainer Runjaic und der Sportdirektor Eichin Ende November entlassen wurden. Am 3.1.2017 wurde als Nachfolger der Portugiese Vitor Pereira präsentiert, der vorher schon Vereine wie den FC Porto oder Olym.Piräus trainiert hatte. Aber auch ihm gelang es nicht, die Mannschaft zu stabilisieren, obwohl es Ende März nach einem Auswärtssieg bei Fort.Düsseldorf noch so ausgesehen hatte. Zuletzt (28.-30.SpT) holten die 60er 1 Punkt von möglichen 9 und rutschten damit auf den 15.Tabellenplatz ab, punktgleich mit dem Sechzehnten Aue. Zugegeben, bei der letzten Niederlage am Betzenberg in Kaiserslautern (0:1) hatten sie Vieles richtig gemacht und keineswegs wie ein Absteiger gespielt, doch wer keine Tore schießt, … !
Eintracht hatte die Partie am Sonntag zu bestreiten, wusste daher schon die Ergebnisse der Freitags- und Samstagsspiele. Und die waren nicht günstig für den BTSV verlaufen. Während mit dem Freitagssieg von Union Berlin gegen Sandhausen (2:1) zu rechnen war, hatten die „Löwen“-Fans beim Auftritt des Tabellenführers in Nürnberg (8.) am Samstag mit einem Punktverlust des VfB geliebäugelt. Doch die Schwaben gaben sich keine Blöße und siegten 3:2. Das Siegtor fiel in der 91.Minute.
Die Blaugelben waren also ein wenig unter Druck. Für die Jüngeren unter den 2.000 Fans, die Eintracht am Spieltag, den 30.4.2017 begleiteten und anzufeuern gedachten, stellte das kein Problem dar. Sie kannten 1860 nur als Verein, der mehr durch Sprüche seines Sponsors als durch Leistungen auffiel und im Abstiegskampf feststeckte. 3 Punkte waren also Pflicht. Bei den Älteren, die die Zeiten noch kannten, als ein Unentschieden bei 1860 schon ein Erfolg war, und denen die Tatsache bewusst war, dass der BTSV überhaupt erst zweimal (7.12.1968 und 26.10.2014) seit Einführung der Bundesliga 1963 gewinnen konnte, sah das schon anders aus. Sie traten die Reise frühmorgens mit gemischten Gefühlen an und hofften darauf, dass die Blaugelben auch nach dem Spiel die Elf mit den wenigsten Gegentoren aller Zweitligisten stellen würde (28).
Zum Zeitpunkt des Anpfiffs um 13.30 Uhr durch Schiedsrichter Storks (Velen) war die Arena mit 39.500 Zuschauern gut gefüllt. Trainer Lieberknecht hatte sich für folgende Startelf entschieden: Fejzic – Sauer, Decarli, Valsvik, Reichel – Boland, Kijewski – Omladic, Hochscheidt, Hernández – Nyman. Diese sahen sich von Anfang an bissigen Münchnern gegenüber: Bereits in der ersten Spielminute sah Aigner „Gelb“, weil er Omladic von hinten niedergestreckt hatte. Nach ca. 10 Minuten bekam Eintracht die auch spielerisch stark beginnenden Hausherren, die früh durch einen 18m-Schuss von Amilton (3.min; direkt auf Fejzic) eine Chance zur Führung hatten, in den Griff, indem sie das teilweise hart geführte Spiel annahmen. Danach war es bis zum Wechsel eine Begegnung auf Augenhöhe, in der beide Teams eine gute Gelegenheit erspielten (26. Hernández; 31. Amilton). Ein Tor fiel jedoch nicht. Dass sich die Blaugelben trotzdem glücklich konnten, mit einem 0:0 in die Pause zu gehen, lag an den letzten zwei Minuten. Erst traf die Nummer 4 der Münchner Bülow nach der 4.Ecke für die Hausherren den Pfosten (45., Fejzic wäre chancenlos gewesen) , dann schoss Aigner nach einer Flanke aus 3, 4 Metern völlig frei Fejzic an und den Abpraller klärte Valsvik (45.+1). Zur Pause also ein 0:0 der glücklichen Art.
Für die 2.Halbzeit brachte Lieberknecht Kumbela für Kijewski. Das Eintracht-Spiel sollte offensiver werden. Erst einmal mussten sich die Blaugelben jedoch Angriffen von 1860 erwehren und hatten erneut Glück. In Minute 47 kam Lumor über Links und lockte Jassi Fejzic aus dem Tor heraus. Von der Grundlinie legte der Münchner das Leder zu Aigner, der das freie Tor vor sich hatte. Er schoss rechts vorbei. ‚Puh!‘, allgemeines Gestöhne im Gästeblock. Lumor war es auch, der kurz darauf den Anlass zu 3 Gelben Karten in Folge gab. Sauer foulte Lumor, Gelb (48.), Amilton meckerte, Gelb (50.), Decarli traf Aigner unabsichtlich mit dem Fuß im Gesicht, Gelb (51.). Hier hätten die Münchner Zuschauer gern die Rote Karte gesehen, zumal Aigner auch länger behandelt werden musste. Doch dass ihr Stürmer nicht gehandicapt war, zeigte er kurze Zeit später, als er in Minute 54 frei vom 16er abzog. Fejzic hielt (54.).
Das was sich eine Zeigerumdrehung später auf dem Platz zutrug, muss allen, die Fan von 1860 waren, vorgekommen sein wie Slapstick der üblen Sorte. Der Gast, der in Hälfte 2 noch nichts zustande gebracht hatte und eigentlich aufgrund der Großchancen für das eigene Team kurz vor und kurz der Pause eigentlich mit 0:2 oder zumindest 0:1 zurückliegen müsste, ging nun mit 1:0 in Führung. Sauer war über die rechte Seite nach vorn gegangen und hatte Omladic angespielt. Dieser umspielte einen Gegenspieler mit einer Drehung und zog in den Strafraum, wo Nyman mit dem Rücken zum Tor lauerte. Pass - 180 Grad-Drehung um den Abwehrspieler herum - Schuss hoch ins kurze Eck – Tor.0:1! Jubel im Gästeblock, nachdem noch kurz vorher „Werdet zur Legende …“ intoniert wurde!
Wer nun erwartet hatte, dass 1860 zunächst in Schockstarre verfallen würde, sah sich getäuscht. Die Heimelf machte weiter das Spiel. Allein … die Großchancen wurden seltener. Es dauerte bis zur 70.Minute, als nach der 6.Ecke der 60er ein Kopfball auf die lange Ecke des Eintracht-Tores zuflog und Fejzic schon geschlagen war. Der an diesem Tage starke Decarli klärte auf der Linie. Kurz darauf brachte der Trainer der Heimelf in Florian Neuhaus [heute Bor.M’Gladbach und Nationalspieler] und Sascha Mölders [103 BL-Spiele, 18 BL-Tore; diverse Mal Torschützenkönig in niederen Klassen ab 3.Liga: 2020/21] zwei frische Spieler (71.). Eintracht hatte schon früher Baffo für Boland eingewechselt (61.) und damit die etwas offensivere Ausrichtung zurückgedreht. Der zweite Wechsel erfolgte postwendend auf die Münchner Wechsel. Moll für Nyman (73.) bedeutete noch nicht „Beton anrühren“, jedoch einen Wechsel auf das defensivere 5-4-1-System. Dieser Systemwechsel machte Sinn, weil 1860 kurz darauf total „aufmachte“, d.h. die Defensive vernachlässigte (78. Olic für Bülow). Letztendlich führte das für die Blaugelben, die offensiv in der 2.Halbzeit abgesehen vom Tor nicht ein einziges Mal gefährlich geworden waren, jedoch dazu, dass sie mehr Räume für Konter erhielten. Omladic (78., Freistoß – knapp vorbei), Hochscheidt (83., Schuss ans Lattenkreuz) und noch einmal Hochscheidt (87., Linksschuss, den Torwart Ortega an den Pfosten lenkte) hätten die Partie entscheiden können, taten es aber nicht. Daher mussten alle blaugelb Infizierten bis zum Schlusspfiff zittern. Und es gab mehrfach Grund dazu:
81.: Freistoß Liendl - Jassi hielt
85.: Drehung Mölders, dadurch freigespielt – Schuss - drüber
91.: Kopfball Olic – Jassi lenkt mit einem Reflex den Ball über die Latte
Überhaupt gab es von 88.Spielminute bis zum Ende der 3minütigen –- angesichts der vielen Unterbrechungen (90. Jassi sah Zeitverzögerung Gelb) viel zu kurzen Nachspielzeit 3 Ecken (Nr.8-10) für die unermüdlich kämpfenden Hausherren sowie einen Freistoß aus dem Halbfeld.
Dann war es überstanden. Schiri Storks pfiff ab. Endergebnis 0:1.
Eintracht hatte 1:0 gewonnen. Da verloren die angeblichen Beleidigungen, die Pereira gegen Lieberknecht ausgestoßen haben soll, rasch an Bedeutung. Der Co-Trainer von 1860 war bereits in der 77.Spielminute vom Schiedsrichter auf die Tribüne geschickt worden.
Der BTSV hatte seine Aufgabe erfüllt und mit den Konkurrenten um den Aufstieg mitgehalten. Und 95+1? Hannover besiegte Fort.Düsseldorf 1:0, hielt sich ebenfalls schadlos. Fazit also: „Außer Spesen nix gewesen“? – Weit gefehlt! Jetzt waren es nur noch 3 Spieltage, an denen die Blaugelben ihre Position bestätigen mussten. Im schweren Heimspiel des 32.Spieltags gegen Konkurrent Union Berlin wollten sie gleich anfangen.
München 60 aber fiel durch die unglückliche Niederlage auf den Relegationsplatz (16.) zurück, weil zeitgleich Erzgebirge Aue die Würzburger Kickers 3:1 geschlagen haben. Diesen Platz hatten die Süd-Löwen auch am Saisonende inne und stiegen in der Relegation gegen Jahn Regensburg (0:2/1:1) in die 3.Liga ab. Da die wirtschaftlichen Voraussetzungen nicht gegeben waren und Sponsor Ismaik nicht bereit war, den Fehlbetrag zu decken, ging es für die 60er noch eine Etage tiefer. In der Saison 2017/18 mussten sie daher in der RegL Süd antreten. – Armer Traditionsverein !!
[September 2022]