26. Mai
Eintracht – Hannover 96 3:2 (2:1)26.05.1973
32. Spieltag Bundesliga – 1972/73
Nie war ein Derbysieg so wichtig wie diesem 32.Spieltag der Bundesliga-Saison 1972/73 !
Na gut, der 1:0-Sieg bei den „Roten“ in der Rückrunde der Oberliga-Saison 1962/63 war ähnlich wichtig gewesen, weil damit wohl erst die Bundesliga-Aufnahme der „Löwen“ in greifbare Nähe gerückt war, aber in beiden Fällen ging es um die Bundesliga. Dieses Mal um den Erhalt!
Eintracht war mit 0:6-Punkten (2-Punkte-Wertung) in die Saison gestartet und hatte sich nie so richtig von dem Fehlstart erholt. Durchgehend war man in den Abstiegskampf verwickelt. Zur Saisonhalbzeit standen die Blaugelben mit 12:22-Punkten auf Platz 16 der Tabelle. Trauriges Weihnachten! Schlechter waren nur RW Oberhausen (10:24) und der HSV (9:25) auf den Abstiegsplätzen. Nach dem verhältnismäßig guten Start in die Rückrunde mit 8:6-Punkten hatten die Fans und wohl auch die Verantwortlichen des BTSV nach dem 24.Spiektag (2:1 gegen Hertha BSC; 12.Tabellenplatz) vorübergehend gedacht, dass der Abstieg kein Thema mehr in Braunschweig sein würde, aber die Realität danach belehrte sie schnell eines Besseren. In den folgenden 7 Begegnungen holten die „Löwen“ gerade einmal 3 Zähler. Sämtliche Auswärtsspiele gingen verloren (Wuppertaler SV 1:2; Eintr.Frankfurt 0:1; VfB Stuttgart 0:4; HSV 0:1) und zuhause kamen die Blaugelben nie über ein Unentschieden hinaus (Schalke 1:1; Bor.M´Gladbach 0:0; MSV Duisburg 1:1). Besonders ärgerlich war dabei die Punkteteilung am 26.Spieltag gegen Schalke in Braunschweig, weil Eintracht mit einem Sieg die „Knappen“, die sowieso von den zahlreichen Sperren im Zuge des Bundesliga-Skandals arg geschwächt waren, noch tiefer in den Tabellenkeller hätten befördern können, als sie ohnehin schon waren. So aber stand Schalke mit 22:40-Punkten direkt unter dem BTSV (23:39) auf Platz 16. Den ersten Abstiegsplatz mit ebenfalls 22:40-Punkten belegte … Hannover 96. RWO wirkte mit 19:43 schon abgeschlagen, obwohl der Tabellenletzte durch den 1:0-Sieg vom 30.Spieltag gegen die „Roten“ noch einmal Aufwind erhalten hatte.
Ein Derbysieg musste her an diesem schicksalsträchtigen 26.5.1973 im Eintracht-Stadion. Zumindest war Verlieren verboten, da auch Schalke (und Oberhausen) ein Heimspiel hatte. Wenigstens war das Stadion an der Hamburger Straße an diesem Samstag mit 30.000 Zuschauern wieder einmal gut gefüllt. Nachdem (insbesondere in der Hinrunde) insgesamt 8x die 10.000er-Grenze nicht überschritten wurde, nahm die Auslastung wieder normale Züge an.
Trainer Knefler, der möglicherweise in der Vorbesprechung thematisiert hatte, dass seine Spieler seit 11 Bundesliga-Partien im heimischen Stadionrund ungeschlagen waren (5 S, 6 U), bot folgende Elf auf: Franke – Grzyb, Häbermann, Kaack, Merkhoffer – Hellfritz, Haun, Gersdorff – Konschal, Bründl, Erler.
Aus der Mannschaft von Hannover ragte Siemensmeyer heraus, der schon in der Meister-Saison 66/67 mit mehreren Toren dazu beigetragen hatte, dass die Blaugelben beide Spiele gegen 96 verloren. In der Sturmmitte verließ sich der Gast wieder auf die Treffsicherheit von Willi Reimann [von der „Task-Force“ um Sponsor Staake Ende 2006 zum BTSV geholter Trainer; bis Frühjahr 2007]. Der Siegtorschütze vom Hinspiel (2:1) Mrosko war nicht dabei.
Es wurde ein hartes und umkämpftes Spiel. Bereits nach 5 Minuten musste Schiedsrichter Frickel (München) einem 96-Akteur die Gelbe Karte zeigen. Eintracht dominierte zunächst und ging durch Gersdorff verdient in Führung (25.). Doch postwendend gelang den Gästen der Ausgleich. Wieder war Siemensmeyer beteiligt, passte auf Blau – 1:1 (26.). Haun sorgte dann kurz vor der Halbzeit dafür, dass die bessere Mannschaft mit einer knappen 2:1-Führung in die Pause ging (44.). Die Vorarbeit hatte Erler geleistet.
Für die 2.Halbzeit brachte Hannovers (schon zweiter) Trainer (der Saison) Baldauf Deterding für den lädierten Bandura (Rippenbruch). Bereits wenige Minuten später hätte er erneut auswechseln können, denn sein Torwart Pauly war an der Schulter verletzt worden, hielt jedoch bis kurz vor Spielende durch. Die Partie gestaltete sich nach dem Wechsel ausgeglichener. Insbesondere die Konter der 96er waren brandgefährlich, wie auch „Löwen“-Dompteur Knefler hinterher in seiner Spielanalyse feststellte. Bernd Franke, der eine überragende Saison spielte (notenbester Bundesliga-Spieler mit Durchschnittsnote 2,03; s. Bundesliga Chronik 1972/73 des Agon-Spotverlages, 2008) und daher auch schon im Jahr 1973 seine ersten beiden Länderspiel-Einsätze für Deutschland hatte, musste wiederholt sein großes Können zeigen, um den (erneuten) Ausgleich zu verhindern. Er war aber nicht der einzige Blaugelbe, der in dieser Begegnung herausragte. Bernd Gersdorff, der bereits das 1:0 erzielt hatte, stand ihm auf seiner Position in nichts nach. Ihm gelang dann auch per Freistoß in der 79.Spielminute das vorentscheidende 3:1. Der zweite Treffer der Gäste zum 3:2, dieses Mal selbst erzielt von „Löwen“-Schreck Siemensmeyer (86.), änderte nichts mehr am Sieg des BTSV.
Eintracht hatte 3:2 gewonnen und sich damit 2 Spieltage vor Schluss einen 3-Punkte-Vorsprung gegenüber Hannover gesichert. Zwar war Schalke siegreich geblieben (2:0 gg VfB), aber RWO schon abgestiegen. Der Klassenerhalt war in greifbare Nähe gerückt. ‚Was sollte schon noch schief gehen?‘
Trügerische Sicherheit! …
[Stand: Dezember 2021]