10. September
Bayern München – Eintracht 3:2 (2:1)10.09.1977
7. Spieltag Bundesliga – 1977/78
Am 10.9.1977 kehrte ein „Weltmeister“ in seine alte sportliche Heimat zurück. Eintracht trat zum Auswärtsspiel beim FC Bayern München an und hatte Paul Breitner in seinen Reihen. Zwischen 1970 und 1974 trug Breitner selbst das Bayern-Trikot.
Vor diesem 7.Spieltag der Bundesliga-Saison 1977/78 lagen die Blau-Gelben mit 8:4-Punkten (2-Punkte-Wertung) auf dem 4. Tabellenplatz. Eigentlich recht ordentlich, oder? Einige Fans der Braunschweiger Eintracht sahen das anders. Sie störten sich daran, wie die „Löwen“ das letzte Auswärtsspiel bestritten hatten. Gut, beim 1.FC Köln darf man verlieren, aber nicht mit 0:6! So hoch hatte der BTSV in 13 Bundesligajahren nie verloren. Erst ein einziges Mal hatten die „Löwen“ 6 Gegentore zugelassen -- am bedeutungslosen letzten Spieltag der Saison 1975/76 beim 1:6 gegen Eintracht Frankfurt. Wer aber Deutscher Meister werden will, der muss anders auftreten. Und genau das hatte die Vereinsführung vor der Saison als Ziel ausgegeben. Bereits in der Vorsaison hatte man eine starke Mannschaft beisammen gehabt. Mit Franke, Popivoda (beide „Internationale Klasse“), Frank („Im weiteren Kreis“), Grzyb, Merkhoffer, Hollmann, Häbermann, Handschuh, Zembski und Holzer (alle „Blickfeld“) hatte die Sportzeitschrift „Kicker“ gleich 10 blau-gelbe Spieler in ihrer „Rangliste des Deutschen Fussballs“ als überdurchschnittlich eingestuft. Nicht umsonst hatte Eintracht bis zum Ende um die Meisterschaft mitgespielt und wurde schließlich Dritter. Aufgrund der spektakulären Verpflichtung von Breitner von Real Madrid und der Verstärkung mit dem Nationalspieler Schwedens Hasse Borg konnte es nur ein Ziel geben: Den Meistertitel nach 1967 ein zweites Mal an die Oker zu holen! Aber dafür war die Leistung in Köln einfach zu schlecht gewesen. Der anschließende souveräne 2:0-Heimsieg gegen Werder Bremen hatte die Kritiker nicht vollständig verstummen lassen. Aber vielleicht würden sie nach dem Bayern-Spiel schweigen …
Bayern München erinnerte in diesen Tagen nur noch schemenhaft an das Team, das die Deutsche Meisterschaft von 1972 bis 1974 3x in Folge nach München geholt hatte. Die Plätze 10, 3 und 7 in den Tabellen von 1975 bis 1977 sagten genug. Auch in der laufenden Spielzeit lief es für den Münchner Nobel-Club nicht besser. Erst ein Sieg war den Bayern in den sechs Partien gelungen (mit 4:2 gg Aufsteiger FC St.Pauli). Mit 5:7-Punkten stand der Club auf dem 11.Tabellenplatz.
35.000 Zuschauer hatten zum Anpfiff ihre Plätze im Münchner Olympiastadion eingenommen. Nicht wenige kamen, um Rückkehrer Breitner zu sehen. Wohlgesonnen waren die meisten dem Mittelfeldspieler der Blau-Gelben allerdings nicht…
Sehr zum Ärger der Eintracht-Fans packte der FC Bayern ausgerechnet gegen den BTSV seine beste Saisonleistung aus. Diese reichte an diesem Samstag, um das dominierende Team zu stellen. Bayern war läuferisch und spielerisch stärker und produzierte im Mittelfeld klar die besseren Ideen.
So fiel das 1:0 für die Münchner in der 14.Spielminute auch völlig verdient. Bayerns „Lebensversicherung“ Gerd Müller hatte wieder zugeschlagen. Glücklicherweise aus BTSV-Sicht war der bayrische Nobelclub zwar offensiv wieder fast so stark wie in seinen besten Zeiten, machte defensiv jedoch weiterhin dieselben eklatanten Fehler wie zuletzt. Einen davon nutzte Hollmann zum Ausgleich. 1:1! Noch vor dem Wechsel gelang dem besseren Team die erneute Führung. 44., Kopfball Uli Hoeness, 2:1! Pause!
Am Spielverlauf und auch am Ergebnis änderte sich in der 2. Halbzeit lange Zeit nichts – bis Bayerns Abwehr sich wieder einmal einen Black-Out nahm. Breitner, der als einziger Mittelfeldakteur der „Löwen“ eine ansprechende Leistung bot, nahm das Geschenk an und vollstreckte zum 2:2 (72.). Ausgerechnet Breitner, den die Bayern-Fans in der Südkurve die ganze Zeit beschimpft hatten („Breitner raus“, „Breitner, Du Drecksau“, „Breitner, hahaha“)! Genugtuung für „Paule“ und die Eintracht-Fans! Nicht lange! Der Jubel des blau-gelben Anhangs war kaum verklungen, als Gerd Müller nach einem Freistoß per Kopf sein zweiter Treffer gelang (73.). Für „kleines dickes Müller“ bereits die Saisontreffer 9 und 10! Die Hoffnung des blau-gelben Anhangs auf einen dritten Treffer ihres Teams erfüllte sich nicht. 3:2 lautete auch der Endstand!
Wieder auswärts verloren! Nun bereits zum dritten Mal! Was half die „weiße Weste“ in den Heimspielen (8:0-Punkte), wenn auswärts fast nichts gelang (2:6)?! So würde es ganz schwer mit einem zweiten Meistertitel werden.
Wenigstens war es dem Erzfeind aus Hanoi nicht besser ergangen. 95+1 hatte sein Auswärtsspiel in der 2. Bundesliga Nord bei TeBe Berlin ebenfalls mit 2:3 verloren und dümpelte auf dem 12. Platz im zweigeteilten Unterhaus herum.
Eintracht rutschte durch die Niederlage auf den 6.Platz ab. Tabellenführer Schalke 04 hatte mit 11:3-Punkten nun bereits drei Punkte mehr auf dem Konto als der BTSV.
Paul Breitner hatten an diesem Tag doppelten Grund zum Ärger: Zum einen die Niederlage, zum anderen aber auch die ständigen Pfiffe und Schmähungen der Bayern-Fans gegen ihn. Nach dem Spiel erklärte er: „Ich bedaure es, für diese Leute vier Jahre lang hier gespielt zu haben. Das war echt das Übelste an Publikum, was ich je erlebte….Diese Leute sind dumm und primitiv.“
Sieben Monate später hatte Breitner das offensichtlich bereits vergessen. Er unterschrieb bei Bayern einen Vertrag und wechselte nach Saisonende wieder nach München. Vorher hatte er mit dafür gesorgt, dass aus dem Titelanwärter Eintracht Braunschweig der 13. der Abschlusstabelle geworden war. Punktgleich übrigens mit dem 12., den Bayern aus München.