21. Oktober
Eintracht – Wuppertaler SV 0:1 (0:0)21.10.1972
8. Spieltag Bundesliga – 1972/73
Am 8.Spieltag der Bundesliga-Saison 1972/73 empfing Eintracht die Mannschaft vom Wuppertaler SV zum Punktspiel im Stadion an der Hamburger Straße. Es war das erste Mal, dass sich beide Teams in einem Pflichtspiel gegenüberstanden.
Der WSV hatte im Sommer erst den Aufstieg in die Bundesliga geschafft. Wie er das gemacht hatte, nötigte aber schon Respekt ab. Er war in seiner Aufstiegsgruppe 1 mit dem VfL Osnabrück, Bor.Neunkirchen, Bayern Hof und Tasmania Berlin verlustpunktfrei mit 16:0-Punkten (2-Punkte-Wertung) Erster geworden. In der Eliteliga des deutschen Fußballs lief es für den Neuling naturgemäß etwas anders. Wuppertal war mit 6:8 Punkten allerdings recht ordentlich gestartet und hatte es immerhin geschafft, dem deutschen Meister und schon wieder die Tabelle anführenden Bayern München den ersten Punkt abzunehmen (1:1 am 5.SpT). Damit belegten die Westdeutschen Platz 12.
Diesen Tabellenplatz hatten die „Löwen“ zum Ende der Vorsaison erreicht und wären aktuell wohl auch damit zufrieden gewesen. Mit 4:10 Punkten fanden sie sich jedoch auf Platz 16 der Tabelle wieder. Wenigstens hatten sie die Fortsetzung des unterirdischen Saisonstarts mit 0:6 Punkten und 0:5 Toren mit zwei Siegen verhindern können (jeweils 1:0 bei RWO und gg Werder). Zwar waren sie die letzten beiden Partien wieder ohne Punkt geblieben, aber das waren Auswärtsspiele (3:4 beim FC Köln und 0:3 bei Hertha). Nun durfte man wieder zuhause antreten und ein Aufsteiger war immer noch ein Aufsteiger. Den Punktevorsprung des WSV auszugleichen, war das Ziel. Überholen würde man den Gegner aufgrund des Torverhältnisses allerdings wahrscheinlich nicht können, weil dazu ein Sieg mit 5 Toren Unterschied erforderlich wäre.
Gerade einmal 7.000 Zuschauer verirrten sich an diesem Samstag, den 23.10.1972 im Eintracht-Stadion. Die Aufarbeitung des Bundesliga-Skandals war noch nicht abgeschlossen und wirkte sich immer noch auf die Präsenz in den Stadien aus – in Braunschweig sowieso. Außerdem war eine gewisse Sättigung für Sportereignisse durch die fast bis Mitte September reichenden Fernseh-Übertragungen der Olympischen Spiele in München eingetreten.
Trainer Knefler schickte zunächst folgende 11 Spieler auf den Rasen: Franke – Grzyb, Bäse, Kaack, Merkhoffer – Häbermann, Hellfritz, Michaelsen – Haun, Deppe, Gersdorff. Von den Spielern der Gäste-Mannschaft Kannten die meisten Zuschauer nicht viele. Günter Pröpper, der Torjäger des WSV, war bekannt, aber sonst …?
Der Kenntnisstand der Zuschauer sollte sich im Laufe der 90 Minuten ändern. Wer erwartet hatte, die Blaugelben würden nach dem Anpfiff von Schiedsrichter Frickel (München) ein Offensivfeuerwerk abbrennen, sah sich getäuscht. Sie versuchten es, aber die Vorstöße von Haun und Deppe sahen meist hilflos aus. Einzig Gersdorff wurde hin und wieder im Ansatz gefährlich. Der Wuppertaler SV kontrollierte die Begegnung und musste dazu nicht einmal eine besondere Leistung zeigen. Da die Gäste zunächst nur auf Absicherung des eigenen Tores aus waren, stand es zur Pause noch 0:0.
Nach dem Wechsel schaute sich WSV-Trainer Horst Buhtz das hilflose Treiben der „Löwen“ noch eine Weile an und dirigierte seine Mannen auf dem Platz dann nach Vorn. Aus dem ursprünglichen Ziel, einen Punkt aus Braunschweig zu entführen, war jetzt ein Siegeswunsch geworden, weil, wie Buhtz nach der Partie sagte, „den Einträchtlern die Angst im Gesicht stand“. In der 74.Minute wäre es fast schon so weit gewesen, aber Franke konnte den eklatanten Fehler von Grzyb, dem WSV-Stürmer Lömm einen Einwurf im Strafraum des BTSV zuzuwerfen, noch mit einer Glanzparade ausbügeln. Sechs Minuten später war aber auch er machtlos. Lömm hatte eine Ecke der Gäste hereingebracht und Pröpper per Kopf das Tor erzielt (80.). 0:1 ! Dabei blieb es
Otto Knefler konstatierte nach dem Spiel: „Wir werden mit dem Siegeszwang nicht fertig.“ Dass er in der Aussage die Gegenwart und nicht die Vergangenheitsform verwandte, verhieß nichts Gutes. Präsident Fricke ging mit seiner Klage, mit der er außer der Leistung der Blaugelben auch den Zuschauerzuspruch ansprach, noch einen Schritt weiter, indem er sagte: „Da muss man sich doch wahrhaftig überlegen, ob man die Bundesliga-Lizenz nicht zurückgibt“
Eintracht behielt nach der Niederlage seinen 16.Tabellenplatz, aber die beiden unter ihnen plazierten Vereine hatten gepunktet. RWO wies nach dem 1:0-Erfolg gegen die andere Eintracht aus Frankfurt nun ebenfalls 4:12 Punkte auf und der HSV stand nach dem 2:2 bei Fortuna Düsseldorf nun bei 3:13. Es wurde eng für den BTSV!
Der Wuppertaler SV verbesserte sich durch den Sieg auf den 8.Platz. Die Westdeutschen spielten überhaupt eine bemerkenswerte Spielzeit, die auf dem 4.Platz endete. Hätten sie am 34.Spieltag nicht ihr Heimspiel gegen 95+1 mit 0:4 verloren, sondern irgendwie gewonnen, wäre der WSV sogar Dritter geworden …
… und Eintracht nicht abgestiegen !
Die Bundesliga-Lizenz hätte Präsident Fricke bestimmt nicht freiwillig abgegeben.
[Stand: November 2021]