12. November
Kickers Offenbach - Eintracht 2:2 (2:0)12.11.2010
16. Spieltag 3. Liga - 2010/11
Am 12.11.2010 musste Eintracht im Punktspiel der 3. Liga bei Kickers Offenbach antreten.
Während die "Löwen" zu Bundesligazeiten recht gern zum Bieberer Berg reisten, da sie von den sechs Duellen immerhin die Hälfte gewinnen konnten (1968/69: 1:0; 1970/71: 2:0 und 1983/84: 2:1), waren die letzten Reisen nach Offenbach keine Spaßreisen mehr gewesen. Beide Begegnungen in der 3. Liga gingen glatt verloren (2008/09: 0:2; 2009/2010: 0:3). Das sollte in der dritten Spielzeit der 3. Liga nun anders werden!
Der BTSV hatte in der abgelaufenen Saison den Aufstieg nur knapp verpasst und war Tabellenvierter geworden. Das ausgegebene Saisonziel war damit deutlich übertroffen worden. Für die neue Saison waren die Verantwortlichen bei der Formulierung der Ziele recht zurückhaltend gewesen. Während Trainer Lieberknecht sagte, man wolle um den Aufstieg mitspielen, gab Manager Arnold lediglich an, man wolle sich weiterentwickeln und besser spielen. Präsident Ebel sagte lediglich, der Aufstieg wäre ein Traum.
So zurückhaltend wie Eintrachts Verantwortliche zeigten sich die Trainer der anderen Drittliga-Vereine nicht. In einer Umfrage wurde Eintracht ebenso wie Kickers Offenbach und dem SV Sandhausen 12x als Aufstiegsfavorit getippt. Es folgte Hansa Rostock mit 6 Nennungen. Die Trainer ließen sich bei ihrer Einschätzung sicherlich auch davon leiten, dass der BTSV seine erfolgreiche Mannschaft mit Ausnahme von Onuegbu (zu SpVgg Greuther Fürth) und Danneberg (zum SV Sandhausen) zusammenhalten konnte.
In den ersten 15 Spielen der Saison hatte Eintracht die Erwartungen der Experten bestätigt und die Hoffnungen der Fan erfüllt. Mit 34 Punkten und dem besten Torverhältnis von 36:7 lagen die "Löwen" auf Platz 3 der Tabelle. Dieser Tabellenplatz würde am Saisonende zur Teilnahme an den Relegationsspielen um den Aufstieg (gegen den Drittletzten der 2. Bundesliga) berechtigen.
Bereits vier deutliche Siege hatten die Auswärtsfahrer bejubeln können (3:0 am 2.Spieltag beim 1.FC Saarbrücken, am 6. Spieltag bei Jahn Regensburg und am 14. Spieltag beim SV Babelsberg sowie ein 5:0 am 12. Spieltag bei Werder Bremen 2). Dazu kamen einige Kantersiege vor den regelmäßig begeisterten Zuschauern an der Hamburger Straße (4:0 am 9. Spieltag gegen RW Erfurt; 4:1 am 11. Spieltag gegen TuS Koblenz; 3:0 am 13. Spieltag gegen SpVgg Unterhaching sowie am 15. Spieltag gegen Wacker Burghausen). Lediglich 3x hatten die Blau-Gelben das Spielfeld als Verlierer verlassen (0:1 bei Bayern München 2; 1:2 gegen SV Wehen Wiesbaden; 1:2 bei Hansa Rostock).
Es war schon kurios, dass der BTSV bei diesen Ergebnissen nicht souverän die Tabelle anführte. In dieser Saison gab es jedoch mehrere Mannschaften, die von Sieg zu Sieg eilten. So hatten Hansa Rostock und Kickers Offenbach bereits jeweils 35 Punkte eingefahren. Auch der SV Wehen Wiesbaden hatte lange vor den "Löwen" in der Tabelle gestanden. Erst in den letzten beiden Spielen hatten die Wehener geschwächelt und lagen nun mit 30 Punkten auf Platz 4.
Eintrachts Auftritt in Offenbach war also das erwartete Spitzenspiel der 3. Liga geworden und wurde daher live auf "Hessen 3" gesendet. Wer diesen Sender nicht empfangen konnte, hatte die Möglichkeit, das Spiel live auf der Internet-Seite von NDR 3 zu sehen. Oder er begleitete die Mannschaft einfach nach Offenbach – was dann auch ca. 1.000 Eintracht-Fans taten.
Im Vorfeld der Begegnung wurde viel geschrieben und gemutmaßt:
Welche Torjäger würden treffen? Neuzugang Occean (9 Saisontore) und Rathgeber (6) von Kickers Offenbach oder Kumbela (10) und Kruppke (8) von Eintracht?
Welcher Pfälzer Trainer würde die richtige Taktik finden? Wolfgang Wolf, der in der Vergangenheit auch schon einmal als Trainer in der VW-Stadt tätig war, oder Torsten Lieberknecht?
Würde es Eintracht als erste Mannschaft in dieser Saison schaffen, einen oder drei Punkte vom Bieberer Berg mitzunehmen? Alle 7 Heimspiele zuvor hatten die Kickers gewonnen!
9.400 kamen schließlich an diesem Freitagabend bei unangenehmen Witterungsbedingungen zum Bieberer Berg, um Antworten zu erhalten.
Sie sahen eine Eintracht-Elf, die in der 1. Halbzeit von der ersten bis zur letzten Minute überlegen war und das Spiel total beherrschte. Dennoch lagen die "Löwen" beim Halbzeitpfiff mit 0:2 zurück. Es war unglaublich! Die Kickers hatten im Grunde genommen keine Chance herausgespielt und trotzdem durch einen Elfmeter und einen Glücksschuss zwei Treffer erzielt. Die Blau-Gelben dagegen hatten keine ihrer Chancen nutzen können.
Wie Lieberknecht hinterher im Interview erklärte, hatte er seiner Mannschaft in der Pause gesagt, die Kickers säßen jetzt in der Kabine und wüssten überhaupt nicht, warum sie vorne lägen. Die Spieler sollten daher einfach so weiterspielen. Wenn der Anschlusstreffer gelänge, sei noch alles möglich.
Genau das taten die "Löwen". Sie spielten so dominant weiter wie in Halbzeit 1. Und wurden dieses Mal belohnt! 55. Minute 2:1, Bellarabi. Eintrachts frischgebackener U20-Nationalspieler hatte zugeschlagen. Nun glaubte auch der Letzte im Gäste-Fanblock, dass noch mindestens 1 Punkt möglich war. Support bis zur Heiserkeit war angesagt! In der 75. Minute trat Kruppke einen Freistoß aus dem linken Halbfeld. Theuerkauf schraubte sich hoch und köpfte auf, nein in das Offenbacher Tor! Zwei zu Zweeei! Ausgleich! Jubel bei den Eintracht-Fans! Von den OFC-Fans war nichts mehr zu hören.
Die Blau-Gelben gaben sich mit dem Unentschieden nicht zufrieden und spielten auf Sieg. Außer einer knapp verpassten Flanke kurz nach dem Ausgleich sprangen aber keine weiteren Chancen mehr heraus. Da auch die Kickers nichts Produktives zustande brachten, blieb es bis zum Ende beim 2:2.
Kickers Offenbach hatte seinen ersten Heimpunkt abgegeben und konnte froh sein, dass es nicht drei geworden waren. Trainer Wolf war so erbost, dass er sich dem Interview auf Hessen 3 nicht stellte. Stattdessen übernahm Manager Andi Möller seinen Part und erkannte die Leistung der "Löwen" wohltuend objektiv an.
Bei den Verantwortlichen, Spielern und Fans der Eintracht wusste man nicht so recht, wie man das 2:2 einordnen sollte. Zwei Punkte verloren, weil man die Überlegenheit nicht nutzen konnte, oder doch einen Punkt gewonnen, weil man ein 0:2 aufgeholt hatte? Die mitgereisten Fans feierten jedenfalls mit der Mannschaft. Nach dem Pausenrückstand und den Erfahrungen der letzten Jahre war es ein gutes Gefühl, nicht "leer" nach Hause fahren zu müssen.
Einen Makel hatte die Auswärtsfahrt jedoch für die "Löwen"-Fans. Ohne nachvollziehbaren Grund war die Offenbacher Polizei in Halbzeit 1 in den Gästeblock gestürmt und hatte reichlich Pfefferspray versprüht. Betroffen waren auch Mitarbeiter vom Fan-Projekt, so die "Mutter aller Eintracht-Fans" Christel Neumann. Nicht wenige Betroffene mussten danach vom Sanitätsdienst betreut werden.
Durch den Sieg war Eintracht zunächst auf den 2. Tabellenplatz vorgerückt, da Hansa Rostock erst am folgenden Nachmittag antreten musste. Da die Rostocker ein Heimspiel gegen den Tabellenachtzehnten Bayern München 2 hatten, war davon auszugehen, dass der zweite Platz verloren gehen würde. Doch die Überraschung geschah! Hansa verlor 0:2 und der BTSV blieb Zweiter. Da auch der SV Wehen Wiesbaden nur 0:0 bei RW Erfurt gespielt hatte, blieb zudem der Abstand zu Platz 4 konstant.
So kann `s weitergehen, dachten sich die "Löwen"-Fans. Und davon gibt es ja bekanntlich nicht wenige ...!
Der Fachdienst "Stadionwelt" hatte gerade in der Vorwoche eine Statistik mit den Zuschauerzahlen aller Mannschaften der aktuellen Saison veröffentlicht. Eintracht landete mit einem Zuschauerschnitt von 15.065 hinter den 18 Bundesligisten, gerade einmal 5 Zweitligisten und Dynamo Dresden auf Platz 25.