28. Januar
Würzburger Kickers – Eintracht 1:1 (1:0)28.01.2017
18. Spieltag 2.Bundesliga – 2016/2017
Auf ein Neues im Jahr 2017! Die Rückrunde der Zweitliga-Saison 2016/17 startete. Für Eintracht bedeutete das: Auswärtsspiel in Würzburg!
Die Würzburger Kickers hatten sich erst im vergangenen Sommer als Dritter der 3.Liga in der Relegation gegen den MSV Duisburg (2:0, 2:1) durchgesetzt und damit den „Durchmarsch“ – nach direktem vorherigen Aufstieg aus der Regionalliga – durch die 3.Liga in die 2.Bundesliga geschafft. Dem BTSV waren sie vor der Saison nur einmal in den letzten 63 Jahren seit Einführung der Bundesliga in einem Pflichtspiel begegnet. Im DFB-Pokal war das und es lag noch gar nicht lange zurück. In der 2.Runde der Saison 2014/15, als sich die Kickers gerade anschickten, in die 3.Liga aufzusteigen, setzten sich die „Löwen“ mit 1:0 in Würzburg durch. Insofern wurde dem zähen 2:1-Heimsieg gegen den Aufsteiger am 1.Spieltag dieser Spielzeit keine besondere Bedeutung beigemessen, sondern in der Kategorie „normal“ verbucht. Zumal die Würzburger auch als Abstiegskandidat Nummer 1 galten (Leser-Umfrage „Kicker“ vom 4.8.16 Wer steigt direkt ab? 54% für Würzburg). Die sechste Tabellenposition (27 P.), die sich die Kickers nach der Hinrunde erspielt hatten, und die Tatsache, dass sie die „Löwen“ in Runde 1 des Pokals mit 1:0 n.V. eliminierten, ließ diesen Auftaktsieg aber plötzlich in einem anderen Licht erscheinen. Der Aufsteiger hatte sich nur vier Niederlagen geleistet (zuhause gegen Union und den KSC, auswärts bei 96), war seit 5 Partien ungeschlagen und hatte zuletzt den VfB Stuttgart mit 3:0 demontiert…. und damit gleichzeitig die Herbst- und Wintermeisterschaft von Eintracht Braunschweig möglich gemacht!
Ja, der BTSV war mit 34 Punkten Herbstmeister geworden. Vor den Bundesligaabsteigern und absoluten Aufstiegsfavoriten VfB Stuttgart und Hannover, die mit 32 Punkten punktgleich die zweite und die dritte Position belegten, grüßten die Blaugelben von der Spitzenposition. Es folgten -- schon mit einigem Abstand -- Heidenheim (29P), Union Berlin (28) und Würzburg. Der Vorsprung der Oker-„Löwen“ wäre noch viel größer gewesen, wenn sie nicht, ausgehend von einer 2:3-Niederlage in Dresden (nach 2:0-Führung bis Mitte 2.Halbzeit), (nervlich??) ein wenig geschwächelt und aus den letzten sieben Begegnungen mehr als 9 Punkte (nur 2 Siege: 2:1 gg 1860; 3:2 gg Bielefeld; 0:2 bei Union) geholt hätten. Aber „man“ (als gemeiner Eintracht-Fan) wollte nicht unverschämt sein. „Löwen“-Dompteur hatte schon Recht, wenn er (in der Sportzeitschrift „Kicker“ vom 19.12.16) sagte: „34 Punkte – das ist überragend!“.
Eine andere Aussage im „Kicker“ vom 27.12.16 konnten die Fans vom BTSV ebenfalls mit Genugtuung bestätigen, auch wenn sie von einem Konkurrenten kam. Fortuna Düsseldorf-Trainer Friedhelm Funkel, eine Ikone im Trainergeschäft, erklärte nämlich im Interview: „In Braunschweig wird seit Jahren überragende Arbeit abgeliefert, ganz unaufgeregt. Ein Club mit toller Struktur, das gefällt mir ausgezeichnet.“ Seit 2008 waren mit Präsident Ebel, Trainer Lieberknecht und Manager Arnold dieselben Personen in der Verantwortung – diese Kontinuität zahlte sich aus und wurde nun auch anderenorts gewürdigt.
Natürlich gab es in der „Rangliste“ für die 2.Bundesliga des „Kicker“, die die Zeitschrift zweimal jährlich vornahm (zur Winter- und Sommerpause), auch jede Menge Erfreuliches aus Sicht von Niedersachsens „Löwen“ zu lesen. Gleich 5 Spieler von Eintracht landeten auf ihrer Position in der höchsten Anerkennungsstufe „Herausragend“ (Decarli, 3.; Reichel, 1.; Hernandez, 5.; Omladic, 7.; Kumbela, 2.), weitere 4 in der 2.Kategorie (Fejzic, Correia, Moll, Schönfeld). „Man“ (siehe oben) konnte stolz sein auf „seinen“ BTSV und deshalb ebenfalls die Aussage von Lieberknecht nachvollziehen, die in der „Braunschweiger Zeitung“ vom 23.1.17 zu finden war. „Ich wüsste keine Position, wo wir uns verstärken müssten.“ Der BTSV verzichtete also auf personelle Nachbesserungen im Winter und reiste zuversichtlich, aber voller Respekt zu den Oberfranken nach Würzburg, im Gepäck ca. 1.000 Fans.
Kickers-Trainer Hollerbach hatte zwar gleich nach dem Sieg gegen den VfB im Dezember mit der Aussage, „Wir brauchen noch 13 Punkte bis zum Klassenerhalt. In der vergangenen Saison hat Sandhausen eine tolle Vorrunde gespielt und ist danach noch in Schwierigkeiten gekommen. Das ist uns eine Warnung.“, darauf hingewiesen, dass seine Mannschaft noch nichts erreicht hatte, aber angesichts der bisher gezeigten Leistungen des Aufsteigers waren diese Worte nur als Understatement wahrgenommen worden. Nicht umsonst wurden die Oberfranken in Umfragen bei der Frage nach den direkten Absteigern – im Gegensatz zu Aue, Bielefeld, St.Pauli, KSC -- nicht mehr genannt.
Lieberknecht schickte an diesem Samstag, den 28.1.2017 folgende Anfangsformation auf den Rasen der mit 10.152 Zuschauern gefüllten Flyer-Alarm-Arena: Fejzic – Sauer, Baffo, Decarli, Reichel – Omladic, Moll, Schönfeld, Hernandez – Nyman, Kumbela. Aus der Würzburger Startelf ragten aus verschiedenen Gründen folgende Akteure heraus: der schon 39 Jahre alte Torwart Wulnikowski, die ebenfalls wie ihr Torwart in die Kategorie „Herausragend“ eingestuften Defensivspieler Neumann, Pisot und vor allem Schröck, der Winter-Zugang von Werder Fröde und der gefährliche Stürmer Soriano.
Nach dem Anpfiff von Schiedsrichter Schlager (Rastatt) um 13 Uhr tat sich lange Zeit nichts in den Strafräumen der beiden Teams. Nicht zufällig wurde der erste Schuss des Spiels aus ca. 20m abgegeben (Omladic, 10.). Die erste kleine Chance in dem vom Kampf geprägten Spiel besaßen die „Löwen“, aber Baffo vergab (17.). Danach übernahm die Heimelf langsam die Initiative. Nachdem die Oberfranken zweimal (18., 24.) angedeutet hatten, dass sie mehr wollten als ein Unentschieden, hatten sie mit ihren Bemühungen in Minute 34 Erfolg. Würzburgs Nummer 24 Rama kam in der Mitte von Eintrachts Spielhälfte an den Ball, lief noch 20m, schüttelte dabei seine Gegenspieler ab und vollstreckte aus 18m flach ins rechte Eck. Tor, 1:0 für die Heimelf. In der Folgezeit kam Eintracht zwar zu seiner 1.Ecke, die Chancen auf Resultatsverbesserung besaßen aber nur die Kickers (37., 39.). Pause.
In der Halbzeit stellte Lieberknecht auf Dreierkette um und brachte zu diesem Zweck Correia für Kumbela. Am Spiel änderte sich dadurch nichts, nur die Offensivaktionen beider Mannschaften wurden noch seltener. Der Kampf überwog, wobei Würzburg etwas zweikampfstärker wirkte, und die Unterbrechungen nahmen zu. Nachdem die Blaugelben bis zur 70.Minute außer einem vielversprechenden, aber geblockten Angriff über Omladic (69.) keine Torgefahr aufgestrahlt hatten, wurden die Fans langsam unruhig. ‚Wann bringt der Trainer endlich frische Offensivleute?‘ In der 77.Minute wurden sie erhört. Abdullahi und Biada kamen für Sauer und Schönfeld. Sofort nahmen die Angriffe der „Löwen“ zu. Eintracht kam zu seiner 3.Ecke (82.) und ein Schuss von Biada landete genau in den Armen von Wulnikowski (83.). – Immerhin! Das war es dann aber auch mit dem neuen Angriffsschwung des BTSV. Die reguläre Spielzeit endete, ohne dass Eintracht noch einmal gefährlich wurde.
Es blieb die Nachspielzeit von 3 Minuten (aufgrund einer Mund-Verletzung Baffos Anfang des 2.Durchgangs). Und tatsächlich! Hernández kam in Minute 91 frei zum Schuss, aber der fast 40 Jahre alte Kickers-Torwart lenkte den Ball zur Ecke. Die beste Chance für die „Löwen“ in der gesamten Partie! Doch Halt, die Ecke gab es ja noch. Nach der Ausführung kam Omladic ans Leder und köpfte zu Nyman. Schuss – Tor! 1:1!
Toooor! ‚Nicht zu fassen!‘ Die Eintracht-Fans, die sich schon teilweise mit einer (gerechtfertigten) Niederlage abgefunden hatten, flippten aus. Zwar waren nicht wenige von ihnen in Erwartung eines Sieges angereist, aber diese Punkteteilung fühlte sich viel besser als das 0:0 am 17.Spieltag beim Abstiegskandidaten KSC. Denn kurz darauf pfiff Schiri Schlager die Partie ab.
Während Lieberknecht in der anschließenden Pressekonferenz seinen Ärger über die Leistung seiner Elf insbesondere zwischen der 16. und 45.Minute äußerte, aber glücklich über den Punkt war, haderte Hollerbach verständlicherweise mit dem Spielausgang. Er stellte fest, dass Eintracht einen guten Kader habe und daher im Laufe eines Spiels „nachlegen“ könne. Er schloss mit den Worten, dass er Lieberknecht und Manager Arnold gern sähe, da beim BTSV kontinuierlich gearbeitet werde. -- 2 Aussagen von Funkel (s.o.) und Hollerbach, ein Tenor: Kontinuität bringt Erfolg!
Trotz des „Erfolgs“ in der Nachspielzeit verlor Eintracht an diesem Spieltag die Tabellenführung, da der VfB Stuttgart am Sonntag bei St.Pauli 1:0 gewann und die „Roten“ am Montag mit demselben Ergebnis Kaiserslautern besiegten. Das Trio an der Tabellenspitze besaß nun einheitlich 35 Punkte, nur getrennt in der Tordifferenz. Da besaß 96 mit +13 die beste, gefolgt vom BTSV mit +11 und vom VfB mit +10.
Es sollte eng bleiben zwischen diesen 3 Mannschaften in der Rückrunde. Zwei Spieltage vor Schluss sah es noch so aus, als ob Eintracht den direkten Aufstieg schaffen sollte. Ein 0:6 in Bielefeld verhinderte dies und die „Löwen“ mussten in die Relegation gegen den VfL Wolfsburg. Unter widerwärtigen und irregulären Bedingungen insbesondere im Hinspiel in der VW-Stadt scheiterte Blau-Gelb.
Die Würzburger Kickers traf es allerdings härter. Deren Trainer Hollerbach hatte nicht zu Unrecht nach Ende der guten Hinrunde gewarnt. Sein Team holte in der gesamten Rückrunde nur 7 Punkte und stieg als 17. der Tabelle direkt wieder ab.
[Stand: Mai 2021]