18. Mai
Eintracht - SG Wattenscheid 09 2:1 (1:1)18.05.2002
34. Spieltag Regionalliga Nord - 2001/02
Am 18.5.2002 war es also soweit. Eintracht konnte an diesem Tag mit einem Sieg im Heimspiel gegen Wattenscheid 09 neun Jahre Regionalliga hinter sich lassen und in die 2. Bundesliga aufsteigen. Es war der 34. und zugleich letzte Spieltag der Saison 2001/2002 in der Regionalliga Nord.
Eintracht war die gesamte Saison über in der Spitzengruppe der Regionalliga zu finden gewesen. Auch die Herbstmeisterschaft war nach Braunschweig gegangen. Nach einer kleinen Durststrecke in der Rückrunde im April (4 Punkte vom 27. bis 30. Spieltag) hatten die 'Löwen' rechtzeitig in die Erfolgsspur zurückgefunden und insbesondere mit dem 3:2-Sieg bei Fortuna Düsseldorf am drittletzten Spieltag die Grundlage für einen erfolgreichen Saisonabschluss gelegt. Bereits am vorletzten Spieltag hätte Eintracht mit einem Sieg bei Erzgebirge Aue den Aufstieg klar machen können, musste sich dort jedoch trotz der Unterstützung von 5.000 eigenen Fans mit 2:1 geschlagen geben. So musste ein Sieg am letzten Spieltag gegen den spielstarken Tabellenvierten aus der Bochumer Vorstadt her, um Rot-Weiss Essen, die nur einen Punkt hinter den Blau-Gelben lagen, auf Distanz zu halten und den 2. Tabellenplatz, der zum Aufstieg reichen würde, zu verteidigen.
Im Stadionmagazin 'Eintracht aktuell' war daher im Vorwort zu Recht von einem 'Finale' die Rede. Las man im Stadionmagazin weiter, fand man die Aussage von Eintracht-Trainer Vollmann: 'Wir haben 90 Minuten Zeit, das Spiel zu gewinnen.' Wie Recht der Mann hatte ... !
Natürlich war das Stadion an der Hamburger Straße an diesem Pfingstsonnabend mit 23.500 erwartungsvollen Zuschauern ausverkauft. Tausende von blau-gelben Fahnen und Luftballons sorgten vor dem Anpfiff für eine würdige Einstimmung.
Eintracht erspielte sich in den ersten 15 Minuten einige klare Chancen, die aber nicht genutzt wurden. Danach fanden die Wattenscheider etwas besser ins Spiel. Dennoch kam die Führung der Bochumer Vorstädter nach etwas mehr als einer halben Stunde völlig überraschend. Halil Altintop, einer der beiden Altintop-Brüder, die in den Folgejahren Karriere bei Schalke 04 bzw. Bayern München machen sollten, traf mit einem 18m-Schuss zum 0:1. Fast zeitgleich verletzte sich Eintrachts Torjäger Teixeira, der die Torjägerliste der Regionalliga Nord mit 19 Toren anführte, schwer (Kreuzbandriss) und musste gegen Weetendorf ausgetauscht werden. Die Fans rauften sich die Haare. Hatte sich denn schon wieder alles gegen Eintracht verschworen? Glücklicherweise gelang Weetendorf in der 40. Minute nach Vorarbeit von Kosta Rodrigues bereits der Ausgleich. 1:1 – Pause!
In der 2. Halbzeit agierten die 'Löwen' lange nicht mehr so druckvoll wie zuvor. Nur noch gelegentlich ergaben sich gefährliche Torraumszenen. Ein Tor fiel nicht. Hieran änderten auch die Einwechslungen von Sümmnich und Piorunek nichts. Zudem sickerte durch, dass Rot-Weiss Essen bei Preußen Münster in Führung gegangen war. Frust! Zu allem Überfluss spielten die Wattenscheider nun auch noch ihre Konterchancen besser aus. Der kleine Mittelstürmer Iyodo hätte die 'Löwen' allein abschießen können. Nach der 80. Minute lief er zweimal direkt auf Keeper Zimmermann zu. Das erste Mal verzog er knapp, und das zweite Mal wurde er von Zimmermanns Stehenbleiben so irritiert, dass er ihn anschoss. Durchschnaufen ! Aber eigentlich war es sowieso egal! Solange Eintracht nicht selbst ein Tor schoss, halfen verhinderte Gegentore auch nicht weiter.
In der Südkurve machte das Gerücht die Runde, Münster habe gegen Essen ausgeglichen. Zwar war das, wie sich hinterher herausstellte, tatsächlich nur ein Gerücht, aber es ermunterte die Fans noch einmal, alles zu geben und die Mannschaft machtvoll nach vorn zu peitschen. Dennoch verging Minute auf Minute, bis nur noch eine übrig blieb.
Wer als Eintracht-Fan für das Spiel keine Karte mehr bekommen hatte und nicht nervös die Hamburger Straße auf und ab lief, saß vor dem Radio und hörte die Live-Übertragung bei Radio Okerwelle. Nach 89 gespielten Minuten hörte sich die Radio-Übertragung von Stefan Lindstedt, heute Stadionsprecher der Eintracht, so an:

'Hoch rein, über die linke Seite, Weetendorf mit der Chance, jetzt hab'n sie es. Mach' ihn rein, nein, nein, nein, nein! Was für eine Situation im Strafraum der SG Wattenscheid! Meine Güte, da hatten sie die Chance. Weetendorf im Zweikampf mit Réne Renno, der Ball prallte zurück, alles lag am Boden aber da kriegen sie ihn aus fünf Metern nicht rein ... jetzt vielleicht! Toooor! Tor für Braunschweig! Thomas Piorunek ! Thomas Piorunek ! 2:1 für die Braunschweiger Eintracht ! 90. Minute und hier ist die Hölle los! Es ist nicht zu fassen. 2:1 ! Der Ball kam von der rechten Seite hinein und dann steht er da, der Piorunek. Mein Gott, das ist alles nicht zu fassen, das sind Emotionen pur. Wildfremde Menschen umarmen sich. Hunderte von Zuschauern sind bereits auf dem Spielfeld, aber sie müssen noch mal runter, weil das Spiel noch nicht zu Ende ist. 2:1 für die Braunschweiger Eintracht durch die Nummer 2, durch den eingewechselten Thomas Piorunek. Und jetzt haben die Ordner alle Hände voll zu tun!'

.... (Einblendung aus Essen: 3:1 für Rot-Weiss Essen) ....

'Ja, die Stimmung ist groß, aber jetzt hat Wattenscheid Freistoß. Ball kommt weit nach vorne, Jungens, egal wie, wehrt doch das Ding ab! Thiam hat das getan. Und Nadj, schwak' die Pille bis nach Wolfenbüttel, meinetwegen. Aber immer noch nicht! Schluss, aus! Aus! Das Spiel ist aus! Auch wenn ich Werner Zimmermann jetzt hier nachmache. 23500 Zuschauer auf einem grünen Fussballfeld jubeln, feiern, umarmen sich, küssen sich. Es ist unglaublich hier, die Stimmung in Braunschweig. Die Last von 9 Jahren Regionalliga, sie fällt in diesem Augenblick einfach so ab. Es sind Emotionen, hier sehe ich auch Leute, die haben Tränen in den Augen, die weinen, schämen sich einfach nicht, lassen ihren Gefühlen einfach freien Lauf.'

Eintracht hatte es tatsächlich geschafft ! In der letzten Spielminute war den 'Löwen' das Tor gelungen, das den Aufstieg in die 2. Bundesliga bedeutete. Geschossen hatte es Piorunek! Ausgerechnet 'Pio'! Nach seinem ersten Regionalligator im März gegen den (Mitaufsteiger) VfB Lübeck hatte ihn die 'Braunschweiger Zeitung' in ihrem Artikel vom 4.3.2002 als 'Mann für alle Fälle' bezeichnet. Diesem Ruf war er nun mehr als gerecht geworden!
Der Jubel nach dem Schlusspfiff war unbeschreiblich! 'Nie mehr 3. Liga' skandierten die Fans auf dem Rasen immer wieder.
Matthias Hain, in der zweiten Hälfte der 90er Jahre selbst Torwart der Eintracht, erklärte bewegt: 'Vor 2 Wochen bin ich mit Arminia Bielefeld in die Bundesliga aufgestiegen. Dieser Tag heute bewegt mich aber noch mehr. Mein Herz gehört der Eintracht. Diesen Aufstieg hat die Stadt Braunschweig, vor allem aber die großartigen Fans verdient.'
Etwa 90 nach dem Schlusspfiff verlagerte sich das Geschehen in die Innenstadt. Hupkonzerte überall! Wegen der Feiern brach der Verkehr rund um das Rathaus zusammen und Busse mussten umgeleitet werden. Was soll man auch machen, wenn die Fans 'Steht auf, wenn Ihr Löwen seid!' mitten auf dem Bohlweg zelebrieren?
Während die Mannschaft mit Anhang und die Offiziellen im 'Stadthotel' feierten, vergnügten sich mehr als 10.000 Fans in den verschiedensten Lokalen. Bis zum Morgen dauerten die Feiern – mindestens !
Übrigens wurde im 'Kicker' vom 21. Mai nicht Piorunek, sondern Torwart Zimmermann zum 'Spieler des Tages' gekürt. Seine Parade gegen Iyodo war im Nachhinein doch so wichtig geworden.



Mal was anderes:
Wenn Du Interesse an einer Zusammenfassung des BTSV von Sommer 1993 bis Sommer 2007 hast, schaust Du dir am besten diese PDF hier an. Der Umfang des Textes beträgt dabei über 20 DIN A4-Seiten!

Eintracht – Energie Cottbus 1:1 (1:0)18.05.2019
38. Spieltag  3.Liga – 2018/2019
„Eintracht muss weiter bangen“ – Braunschweiger Zeitung vom 13.5.2019
„Das letzte Endspiel für Fejzic“ – „Kicker“ vom gleichen Tag
„Und wieder ein Endspiel“ – „Kicker“ vom 16.5.2019
„Für Eintracht geht es um alles“ – „neue braunschweiger“ vom 18.5,2019
„Für Eintracht geht es heute um alles“ – Braunschweiger Zeitung vom gleichen Tag
Klingt ziemlich dramatisch! War es so? – Ja !!!
Die Fans von Eintracht Braunschweig mussten exakt 1 Jahr und 5 Tage nach dem Endspiel bei Holstein Kiel (2:6), mit dem die Blaugelben aus der 2.Bundesliga abgestiegen waren, erneut ein Abstiegs-Endspiel über sich ergehen lassen. Dieses Mal eine Liga tiefer, in Liga 3.
Wie konnte es dazu kommen?
Die Verantwortlichen vom BTSV hatten nach dem überraschenden Abstieg aus Liga 2 im Sommer 2018 – in der vorangegangenen Spielzeit war man noch Dritter geworden und unter sehr unschönen Bedingungen am Bundesliga-Aufstieg in der Relegation am VfL Wolfsburg gescheitert – alles vom Hof gejagt, was irgendwie nur ansatzweise nach dem geschassten Trainer Lieberknecht roch. Man kann nur (aufgrund der insbesondere im ersten Halbjahr wilden, abstrusen Gerüchte um den Pfälzer) spekulieren, dass Lieberknecht einigen Herren (Groß-) Sponsoren und deren Lakaien, die sich jahrelang in seinem Erfolg gesonnt haben, zu mächtig geworden war und deshalb mit Stumpf und Stiel ausgerottet werden musste. Denn ansonsten kann man es sich nicht erklären, dass
-- Torwart Jasmin Fejzic auf seinen 2maligen vergeblichen Anruf bei Manager Arnold, er müsse (aufgrund des Angebotes aus Magdeburg) nun wissen. wie es beim BTSV weitergeht, keinen Rückruf erhalten hat, und
-- Publikumsliebling Mirko Boland, der trotz des Abstiegs in der Okerstadt bleiben wollte, nicht von Eintracht direkt, sondern über Umwege erfuhr, dass der Verein nicht mehr mit ihm plante.
Diplomatensohn und Manager Marc Arnold tat sich besonders dabei hervor, dass alte Eintracht-Werte mit Füßen getreten wurden. Im Hintergrund zog der Geschäftsführer der Fußball GmbH & CoKG Sören-Oliver Voigt weiterhin alle Fäden. Wohltuend hob sich von den Eintracht-Verantwortlichen eigentlich nur Präsident Sebastian Ebel ab. Er, der bis zuletzt an Lieberknecht festgehalten hatte, stellte sich der Kritik der Fans und war um wahrheitsgemäße Antworten wenigstens bemüht.
Doch auch er fiel auf den Schaumschläger Henrik Pedersen herein, den der BTSV in den letzten Mai-Tagen als neuen Trainer verpflichtete. Warum Schaumschläger? Wer nach einer seiner ersten Trainingseinheiten drei zusammenstehende Fans fragt „Na, zufrieden?“, als ob sie gerade eine Zirkus-Vorstellung gesehen hätten, wer in einer Fan-Versammlung mit hohlen Phrasen wie „Meine Spieler müssen gern laufen wollen“ zu glänzen versucht und wer in der 3.Liga RB Leipzig-Fußball spielen lassen will (aggressives Vorchecking, One-Touch-Fußball), ohne das entsprechende technisch beschlagene Personal zu haben, den kann man nicht anders bezeichnen. Es kam, wie es kommen musste. Mit den 10 externen Neuverpflichtungen, einigen aus dem eigenen Nachwuchs hochgezogenen Spielern und ein paar Überbleibseln aus der Abstiegssaison, von denen nur die bisherigen Ersatzspieler Torwart Engelhard und Linksverteidiger Kijewski länger als 1 Jahr in Braunschweig waren, hatten die „Löwen“, die eher wie Miezekätzchen daherkamen, nach 12 Spieltagen gerade einmal eine lächerliche Partie gewonnen und waren mit 8 Punkten auf den letzten Tabellenplatz abgestürzt. Der Abstand zum rettenden Platz 16 betrug schon 4 Punkte, der zum Tabellennachbarn (Platz 19) immerhin 3. Endlich reagierte die Führung des BTSV und schmiss den dänischen Trainer raus, der ernstzunehmenden Gerüchten zufolge bei RB Leipzig entlassen worden sein soll, weil er ein Vorstellungsgespräch bei einem anderen Verein verschwiegen hat. Pedersen hatte nach dem vorangegangenen 2:2 (nach 2:0-Führung) zuhause noch erklärt: „.. trotzdem bin ich stolz auf meine Jungs“. Ja, es waren SEINE Jungs, die Jungs der Fans waren es längst nicht mehr. Woher er allerdings den Stolz nahm, bleibt wohl sein Geheimnis. Manager Arnold, der für die Zusammenstellung des Kaders offiziell verantwortlich war, war schon gut einen Monat oder 5 Spieltage vorher gegangen worden.
Als Nachfolger von Pedersen wurde umgehend André Schubert verpflichtet Der bekam zwar Ende November mit Flüthmann einen neuen Co-Trainer, musste aber bis zur Winterpause mit denselben Spielern auskommen. Folge: Er holte nur 2 Punkte aus 7 Partien, auch wenn sich das blaugelbe Spiel zeitweise verbessert zeigte. Weitere Folge: Der Nicht-Abstiegsplatz war nun schon 9 Punkte entfernt, der Tabellennachbar schon 6.
Zwischenzeitlich hatte auch die Jahreshauptversammlung des BTSV stattgefunden (6.12.2018), in deren Vorfeld der zum Buhmann der aktiven Fan-Szene gewordene Geschäftsführer Voigt von seinen Aufgaben zum 31.12 entbunden worden war. Zwei Dinge machten den Fans ebenfalls Mut: Mit Tobias Rau war endlich sportliche Kompetenz in den Aufsichtsrat eingezogen und, was noch viel wichtiger war, mit dem Ur-Braunschweiger Marc Pfitzner endlich wieder Eintracht-DNA auf den Platz zurückgekehrt. Schubert wollte „Pfitze“ ursprünglich nicht aus der 2.Mannschaft hochziehen, wo der inzwischen 34jährige seine Karriere gemütlich ausklingen ließ, wurde aber vermeintlich dazu gezwungen, auch zur Aufstellung gegen Halle. Zwar verlor Eintracht diese Begegnung des 18.Spieltags unglücklich durch einen Torwartfehler mit 0:1, aber die Fans waren dankbar für diese Geste und bejubelten jede Aktion von Pfitzner, der 90 Minuten durchspielte
Ausgerechnet am 123.Geburtstag des Vereins, also am 15.12.2018 gelang Trainer Schubert dann sein erster Sieg. Bei Energie Cottbus, das 5 Monate später noch eine besondere Rolle spielen sollte, gelang ein 1:0 – natürlich mit Pfitzner, der bester Mann war und den der Trainer immer mehr zu schätzen lernte. Es folgte ein 1:1 beim Tabellenführer KSC, dann war Winterpause und die dringend nötigen Kaderveränderungen konnten vorgenommen werden.
Mit Torwart Fejzic, Kessel, Düker und Bär wurden ehemalige „Löwen“ verpflichtet. Dazu kamen vier weitere Spieler, unter ihnen mit Bernd Nehrig vom FC St.Pauli ein echter Führungsspieler. Dafür verließ eine gute Handvoll Akteure den BTSV. Wie sich in den folgenden Wochen und Monaten herausstellte, hatte der BTSV jetzt eine sehr gute Mischung beisammen, die das „Wunder“ schaffen sollte, die 8 bzw. 9 Punkte bis Saisonende (18 Spieltage) aufzuholen, die zum Klassenerhalt (Platz 16) fehlten. Erst einmal galt es, in der Tabelle Plätze gutzumachen, „Land zu sehen“. Und das war schon nicht so einfach, da außer dem Vorletzten, der nur 3 Punkte mehr auf dem Konto hatte, die beiden davor plazierten Teams bereits einen Vorsprung von 7 Punkten aufwiesen.
Am 27.1.2019 begann die Aufholjagd. Von den Spielern, die gegen Hansa Rostock aufliefen …. und 2:0 gewannen, war gerade noch ein Neuzugang der Ära Pedersen dabei (Fürstner). Und so blieb es! Eintracht gewann auch das folgende Auswärtsspiel und hatte das Glück, dass die anderen Vereine im Tabellenkeller kaum punkteten. So standen die Blaugelben nach 22 Spieltagen schon auf Platz 19 und der Rückstand zu Platz 16 betrug nur noch 3 Punkte. Da richtete auch die folgende und zugleich letzte Heimniederlage (2:3 gegen Wehen-Wiesbaden) keinen großen Schaden mehr an, denn im Anschluss blieben die „Löwen“, die diesen Namen wieder verdienten, 8 Partien lang ungeschlagen. Über Platz 17 nach 25.Spieltagen und Platz 16 (nach 29 SpT) ging es in der Tabelle nach oben bis auf Platz 15 nach 31 Spieltagen. Problem war nur, dass die Konkurrenz jetzt ebenfalls kontinuierlich Punkte holte. So reichten nicht einmal 8 Punkte aus den folgenden 5 Begegnungen (2 Siege, 2 Remis, 1 Niederlage) und Tabellenplatz 13 aus, um sich zwei Spieltage vor Schluss in Sicherheit zu wissen.
Zumal beim Halleschen FC, der noch in dieser Partie um den Aufstieg mitspielte, eine 0:1-Niederlage folgte! Eintracht verschlechterte sich zwar nur um einen Platz in der Tabelle, aber die eingefahrenen 44 Punkte bereiteten doch dem einen oder anderen Fan Kopfzerbrechen. Der 17. Großaspach hatte zwar 2 Punkte weniger auf dem Konto, aber das bessere Torverhältnis und am finalen Spieltag ein leichtes Auswärtsspiel gegen den sicheren Absteiger Fortuna Köln zu bestreiten. Mit einem Sieg war also zu rechnen. Gleiches galt für den 16. Carl Zeiss Jena (43 Punkte), der zuhause gegen die gerade erst geretteten Münchner „Löwen“ anzutreten hatte. Und dann war da noch der 15. Energie Cottbus, der – aus Sicht der Eintracht-Fans glücklicherweise – „nur“ 2:1 gegen den bereits vorher abgestiegenen VfR Aalen gewonnen hatte. „Nur“ deshalb, weil bereits ein 2:0 oder 3:1 ausgereicht hätte, am punktgleichen BTSV aufgrund des besseren Torverhältnisses vorbeizuziehen. So aber blieben mit Cottbuser mit ihren 50:57 Toren hinter den Blaugelben zurück, die 47:53 Tore aufwiesen.
Weshalb das wichtig war? Eintracht traf am letzten Spieltag im Stadion an der Hamburger Straße genau auf diese Kicker von Energie Cottbus und hatte den Klassenerhalt (als 16.) bereits bei einem Unentschieden sicher, selbst wenn Großaspach und Jena, wie erwartet, gewinnen sollten.
„Bereits ein Unentschieden reicht“ hörte sich gut an, bot an diesem schicksalsträchtigen Samstag, den 18.5.2019 (also genau 17 Jahre nach dem Zweitliga-Aufstieg gegen Wattenscheid) jedoch keinesfalls Sicherheit, zumal mit Nehrig und Kessel ganz wichtige Spielerpersönlichkeiten ausfielen. Was hätte die Fan-Szene wieder einmal einen entspannten Saisonausklang genießen können, aber als blau-gelb Infizierter war man ja Leiden und Spannung gewohnt. Und über den sicheren Bundesliga-Abstieg der „Roten“ aus der sog. Landeshauptstadt und den verpassten Bundesliga-Aufstieg des ehemaligen Dinos Hamburger SV (nach dem Motto „Ob schwarz-weiß-grün, ob schwarz-weiß-blau, … dem HSV!“) konnte man später noch freuen. Jetzt galt dem eigenen Verein erst einmal volle Aufmerksamkeit und voller Support. Natürlich war das Stadion mit 22.745 Zuschauern, unter ihnen 2.500 Fans aus Cottbus, ausverkauft.
Trainer Schuster, der schon das eine oder andere Mal im Gespräch arrogant erschien, aber mit 30 Punkten aus 17 Partien nach der Winterpause auch hervorragende Arbeit abgeliefert und jedes Recht dazu hatte, schickte folgende Elf auf den Platz: Fejzic – Becker, Nkansah, Kijewski – Menz, Fürstner, Pfitzner, Putaro – Bär, Ph.Hofmann, Feigenspan. Cottbus, das unter Trainer „Pele“ Wollitz 3 der 4 letzten Spiele gewinnen konnte, musste auf J.Gjasula verzichten, was zweifellos eine Schwächung darstellte, und baute im Sturm wieder (neben Mamba) auf den bundesliga-erfahrenen 36jährigen Rangelov.
Um 13.30 Uhr pfiff Schiedsrichter Schlager aus Rastatt die Begegnung an. Die ersten 25 Minuten verliefen wenig dramatisch. Außer einer mäßig gefährlichen Situation vor dem Eintracht-Tor nach der 1.Ecke der Gäste (10.) und drei vielversprechenden, aber nicht gut zu Ende gespielten Angriffen der Blaugelben ereignete sich nichts Aufregendes auf dem Grün. Eintracht war zwar besser, jedoch nicht zwingend genug. Dafür lag Jena schon 2:0 gegen 1860 vorn. In Minute 25 verletzte sich Mannschaftskapitän Fürstner und wurde durch Y.Otto ersetzt (27.). „Pfitze“ übernahm die Binde … und drei Minuten später – wieder einmal -- die Verantwortung. Was war passiert? Der Cottbuser Kruse hatte den Ball im Strafraum an den Arm bekommen. Dieser war zwar in die Luft gestreckt und ging auch zum Ball, doch das Anschießen erfolgte aus nächster Nähe, sodass Absicht nicht zu unterstellen war. Wahrscheinlich wegen Vergrößerung der Körperfläche entschied der Schiri dennoch regelgerecht auf Elfmeter (28.). Nach den wütenden Protesten der Gäste nahm Pfitzner das Leder, legte es auf den „Punkt“, lief an und vollstreckte (30.). Tooooooor!! Tor! Tor! 1:0!
Von der Südkurve aus betrachtet, überschritt der Ball flach und auf der rechten Seite die Torlinie. -- Bereits der fünfte verwandelte Elfmeter des Ur-Braunschweigers während der Rückrunde! „Pfitze“ hatte sich wieder einmal nicht aus der Ruhe bringen lassen, dieses Mal auch nicht durch die Nummer 5 der Cottbuser Matuwila, mit dem er vor und nach der Ausführung des Strafstoßes ein kleines Gerangel hatte.
Natürlich tobte das Stadion – außer einem kleinen Teil der Nordkurve. Da machte es auch nichts, dass Großaspach bei Fortuna Köln in Führung gegangen war, was sich natürlich über die internetfähigen Handys blitzschnell herumsprach. Es folgte die stärkste Phase der Blaugelben mit Chancen für Bär (38.) und Feigenspan (43.), die aber nicht zu Zählbarem führten. Mit einem hochverdienten 1:0 ging es in die Pause. Energie war harmlos geblieben.
Das sollte sich in Durchgang 2 schlagartig ändern. Die Lausitzer, die in der Pause zweimal gewechselt hatten, wurden bereits in der 46.Minute gefährlich. Becker gelang es gerade noch, einen Abpraller 8m vor dem Tor vor einem einschussbereiten Cottbuser Spieler zu klären. Sieben Minuten später schon die nächste kritische Situation vor dem Eintracht-Tor, doch Fejzic konnte den Kopfball vom Cottbuser Müller nach der 2.Ecke der Gäste sicher halten (53.). Als in Minute 54 auch noch Pfitzner gelb-rot gefährdet den Platz verließ und vom – von der Ultra-Szene verhassten – meist unsicheren Burmeister ersetzt wurde, schwante vielen Fans Böses. Nehrig und Kessel von Vornherein nicht dabei, Fürstner und Pfitzner als Führungspersönlichkeiten ausgewechselt! – Wenn das man gut geht!
Es ging nicht gut! Zwei Minuten später gab es nach einem Handspiel von Menz einen berechtigten Elfmeter für die Gäste, den der eingewechselte Viteritti sicher (rechts unten) verwandelte (57.). Nicht wirklich verdient, aber offiziell: 1:1! Für den Anhang von Cottbus war das das Signal zum Zündeln von „Pyro“, für die Eintracht-Fans das Zeichen, ihren Support durch „Eintracht, Eintracht“-Sprechchöre zu erhöhen. Den brauchten die 11 „Löwen“ auf dem Platz jetzt aber auch, denn nach einer Stunde übernahmen die Cottbuser die Kontrolle auf dem Rasen. In der 69.Spielminute bekamen sie einen Freistoß zentral an der Strafraumgrenze zugesprochen. Rangelov lief an und schoss … über das Tor. Danach fing sich Eintracht langsam wieder über den Kampf (Ph.Hofmann!). In der Folgezeit konterten die Blaugelben gefällig und standen in der Abwehr sicher. Als dann noch der Cottbuser Matuwila 5 Minuten vor dem Ende mit Gelb-Rot vom Platz musste, schien das Happy-End für den BTSV nahe, zumal der spät eingewechselte Düker an der Eckfahne viel Zeit von der Uhr nahm. Doch der Schiedsrichter schien Gefallen an dem Spiel gefunden zu haben und zeigte 5 Minuten Nachspielzeit an. Kaum dass diese begonnen hatte, beging Burmeister – wie schon wiederholt in der Saison – ein Foul im Halbfeld, was eine gute Freistoßgelegenheit für den Gegner zur Folge hatte. Einmal ganz abgesehen davon, dass Felix Burmeister seine ganze Karriere außer zwei Jahren im Ausland bei Hannover 96 und Arminia Bielefeld bestritten hat, was ihn nicht gerade für die „Löwen“ prädestinierte und ihn daher auch zum „Roten Tuch“ für die Ultras (und nicht nur die!) machte, standen seine Leistungen in keinem Verhältnis zu dem fürstlichen Gehalt, das er von Eintracht bezog (und 2 weitere Jahre beziehen sollte). Jedenfalls brachte der Freistoß Gefahr, indem er zum Mitspieler kam. Mamba köpfte den Ball zurück an den 5m-Raum, wo jedoch Kijewski per Kopf das Eingreifen eines Lausitzer Spielers verhinderte und die Situation bereinigte. In Minute 92 sah Menz noch wegen einer als Tätlichkeit gewerteten lächerlichen Aktion glatt „Rot“, zwei Minuten später Düker noch den gelben Karton. Das war `s! Nach exakt 95 Minuten ertönte der Schlusspfiff! – 1:1! Klassenerhalt!
Yari Otto umarmte Trainer Schubert, Kijewski heulte, Pfitzner auch, Nkansah führte einen Veitstanz auf und Nehrig umarmte sie nacheinander. Dann trösteten Bär und Y.Otto die Cottbuser Spieler, die tatsächlich abgestiegen waren, weil Jena und Großaspach ihre Spiele gewonnen hatten.
Natürlich spielten sich auch auf den Rängen Jubelszenen ab --. nur kurz unterbrochen von einem Spruchband aus Block 9 mit folgendem Text: „Der letzte Kuckkuck muss aus dem Nest, Burmeister zurück zur roten Pest“. Das wiederum motivierte Teile des Stadions natürlich zu Pfiffen und zu „Burmeister“-Sprechchören. Zugegeben, der Zeitpunkt war falsch gewählt, auch über den Anlass konnte man streiten, aber jetzt, über 2 Jahre später, muss man einfach festhalten, dass der BTSV ohne die Verpflichtung Burmeisters besser gefahren wäre. Da dieser fast durchgehend von 2018 bis 2021 mäßige Leistungen bot und im Zweitliga-Jahr 2020/21 auch kaum noch berücksichtigt wurde, hätte der BTSV sein üppiges Gehalt wesentlich besser verwenden können. Okay, man kann Burmeister nicht übelnehmen, dass er seinen Vertrag aussitzen wollte, weil solche – für Drittliga-Verhältnisse -- immens hohen Einkünfte, die ihm das Duo Pedersen-Arnold ermöglichte, woanders undenkbar gewesen wären. Aber, wie bereits festgestellt, waren Eintracht teilweise bezüglich Neuverpflichtungen die Hände gebunden, weil man Burmeister „durchschleppen“ musste. Das Geld hatte man einfach nicht zur Verfügung, man hätte es auch 96 oder Arminia spenden können. Der Effekt wäre derselbe gewesen.
Zum Teil überkletterten die Fans nach dem Schlusspfiff auch die Zäune der Südkurve und stürmten den Platz, um ihre „Helden“ zu umarmen und mit ihnen zu feiern. Der Verein hatte ein Einsehen und öffnete kurz darauf die Tore zum Innenraum. Es dauerte nicht lange und vom Rasen war nicht mehr viel zu sehen, weil ein Meer von in Blau und Gelb gekleideter Menschen das Grün bevölkerte, um zu feiern. Aber man sah in den einzelnen Blöcken auch eine ganze Reihe von Fans, die bewegungslos einfach so dastanden oder - saßen und dem bunten Treiben zuschauten. Sie waren „geschafft“ und zugleich erleichtert, dass der erstmalige Abstieg in die Viertklassigkeit gerade noch so vermieden werden konnte. Aber zum Feiern sahen sie keinen Grund, weil die Krise von „ihrem“ Verein selbst bzw. von den BTSV-Verantwortlichen -- fast schon vorsätzlich -- herbeigeführt worden war.
[September 2021]