11. November
Eintracht – VfB Stuttgart 1:0 (1:0)11.11.1972
12. Spieltag Bundesliga  – 1972/73
‚Gott sei Dank hatte man auch das Nachholspiel drei Tage zuvor gegen Eintracht Frankfurt durch Tore von Gersdorff und Konschal 2:1 gewonnen. Das wäre aber auch zu ärgerlich gewesen, wenn die beim Stande von 3:0 für die „Löwen“ zur Halbzeit wegen Nebels abgebrochene Partie des 10.Spieltags nun einen anderen Sieger gehabt hätte.‘ – so dachten zumindest die Fans der Braunschweiger Eintracht direkt vor dem Spiel gegen den VfB Stuttgart am Samstag, den 11.11.1972. Und sie hatten Recht! Eintracht brauchte in dieser Bundesliga-Saison 1972/73 wirklich jeden Punkt.
Der BTSV war mit 0:6-Punkten (2-Punkte-Wertung) gestartet, hatte danach zwei 1:0-Siege eingefahren, um anschließend wieder drei Begegnungen zu verlieren. Als sich einige Anhänger aus begründetem Anlass schon Sorgen um das Nervenkostüm der Blaugelben machten und bezweifelten, dass die Spieler im Abstiegskampf bestehen könnten, war ein glücklicher, ermauerter 1:0-Sieg auf Schalke und drei Tage später im Rahmen einer „Englischen Woche“ die erste Halbzeit mit einer 3:0-Führung gegen Frankfurt gelungen. Aber anstatt mit relativ beruhigenden 8:12-Punkten selbstbewusst nach Gladbach zu fahren, musste man nun aufgrund des Abbruchs mit 6:12-Punkten in den Westen fahren und holte sich bei der Borussia eine 0:4-Katsche ab. Und stand plötzlich mit nur 6 Pluspunkten nur einen Punkt besser als der Tabellenletzte da. Insofern war der Sieg im Nachholspiel gegen den Namensvetter aus Frankfurt schon wichtig gewesen. Der Vorsprung auf die beiden Abstiegsplätze betrug nun wieder wenigstens 3 Punkte. Und konnte mit einem Heimsieg gegen die Schwaben noch vergrößert werden.
Das aber würde nicht einfach werden. Der VfB Stuttgart hatte nach 11 Spieltagen erst dreimal verloren, davon zwei Partien gegen die beiden Führenden in der Tabelle, schon 7 Begegnungen gewonnen und bekleidete mit 15:7-Punkten Platz 3 der Tabelle.
Trainer Knefler schickte folgende 11 „Löwen“ an diesem Samstag auf den Rasen des wieder mit knapp 9.000 Zuschauern nur spärlich gefüllten Eintracht-Stadions: Franke – Häbermann, Bäse, Kaack, Merkhoffer – Hellfritz, Haun, Michaelsen – Grzyb, Gersdorff, Erler. Da Gerwien weiterhin fehlte und Konschal nicht richtig fit war, durfte Wolfgang Grzyb einmal wieder auf der Position spielen, die er ohnehin bis zu seinem 27.Lebensjahr regelmäßig gespielt hatte – als Außenstürmer.
Die Stuttgarter, in deren Reihen mit Karl-Heinz Handschuh ein zukünftiger Blaugelber (1974-80) stand, traten u.a. mit dem Österreicher „Buffy“ Ettmaier als Spiellenker und mit den Stürmern Brenninger und Köppel an.
Ob es an der Überraschung des VfB über die ungewohnte Spielposition von „Schippi“ oder an anderen Gründen lag, jedenfalls spielte ein Abwehrspieler der Gäste schon recht bald nach dem Anpfiff von Schiedsrichter Hans Voss aus Wolbeck einen Fehlpass, den Michaelsen erlief. Gersdorff wurde angespielt, der auf Erler weiterleitete. Dieser erreichte den Ball vor Gäste-Torwart Heinze und vollstreckte (3.). 1:0! Verschiedene Besucher fühlten sich freudig an den 9.Spieltag erinnert, an dem Dietmar Erler ebenfalls in den ersten fünf Minuten zur Führung des BTSV traf und damit sogar das Spiel auf Schalke entschied. ‚Aber das Spiel hatte ja gerade erst angefangen...‘
In der Folgezeit hätte Eintracht die Führung ausbauen können, ja müssen, aber entweder stand der überragende Heinze im Weg oder sie scheiterten an ihrer für diese Spielzeit typischen Abschlussschwäche. Der VfB wurde in keiner Phase der 1.Hälfte seiner Tabellenposition gerecht und offensiv nie gefährlich.
Das sollte sich nach der Pause ändern. Die Gäste erspielten sich jetzt einige Gelegenheiten, wussten aber damit nichts anzufangen. Die klarste Chance zum Ausgleich hatte Köppel in der 61.Minute. Ihm fiel das Leder vor dem leeren Eintracht-Tor sozusagen vor die Füße, sein Schuss ging jedoch vorbei. Als dieser Schreckmoment überstanden war, wuchs in einigen Eintracht-Anhängern die Zuversicht, dass es heute zum Sieg reichen könnte. Und richtig! Der VfB brachte auch danach keinen Ball im Tor der Blaugelben unter. Da auch dem BTSV kein Treffer mehr gelang, endete die Partie 1:0.
Sieg! – Schon der vierte 1:0-Sieg, der die „Löwen“ mit jetzt 10:14-Punkten in der Tabelle von Platz 16 förmlich auf Platz 13 katapultierte. Und, was auch nicht ganz unwichtig war, zur besten Mannschaft in Deutschlands Norden machte. Hannover 96 (14. mit 9:15), Werder Bremen (15. mit 8:14) und der Hamburger SV (18. mit 5:19) waren allesamt schlechter plaziert. An den VfL Wolfsburg, damals noch ein richtiger Verein und keine Betriebssportgruppe, dachte damals noch niemand. Der VfL kickte in dieser Saison gemeinsam mit Leu Braunschweig in der Regionalliga Nord.
Zurück zu Eintracht: Unentschieden spielen konnten die „Löwen“ in dieser Spielzeit (wie Schalke) bisher nicht. Das sollte sich erst am übernächsten Spieltag ändern, und genau das war schade aus Sicht des BTSV. Nach einem 2:3 durch einen zweifelhaften Elfmeter beim MSV Duisburg stellte sich das Schlusslicht der Bundesliga, der HSV, im Eintracht-Stadion vor … und entführte nach einem 1:1 einen Punkt. Wenn Eintracht diese Partie gewonnen hätte, wäre vielleicht der HSV (3 Punkte mehr) oder 95+1 (1 Punkt mehr) abgestiegen und nicht der BTSV. Hätte, hätte, Trainertoilette …!
[Stand: Dezember 2021]