2. April
1. FC Kaiserslautern – Eintracht 0:1 (0:0)02.04.2017
26. Spieltag 2.Bundesliga – 2016/2017

Gut zwei Drittel der Zweitliga-Saison 2016/17 waren schon absolviert und Eintracht Braunschweig war im Rennen um die begehrten ersten zwei bzw. drei Tabellenplätze mitten dabei. Das war insofern etwas Besonderes, weil fast alle sog. Experten die Bundesliga-Absteiger und wirtschaftlichen Schwergewichte VfB Stuttgart und Hannover 96 als klare Favoriten für den direkten Wiederaufstieg ansahen. Daran hatte auch die Herbstmeisterschaft des BTSV nichts geändert, wie die Umfrageergebnisse in der Winterpause zeigten. Favorit Nummer 1 war der VfB, Favorit Nummer 2 blieben die „Roten“.
Was für Eintracht galt, musste für Union Berlin umso mehr gelten. Den Mannen von der „Alten Försterei“ hatte überhaupt niemand den Aufstieg zugetraut, obwohl sie in den letzten Jahren die Saison immer in der oberen Tabellenhälfte abgeschlossen hatten. Und nun führten sie plötzlich die Tabelle an. Ihre 50 Punkte nach 25 Spieltagen bedeuteten Platz 1. Auf Platz 2 lag der VfB mit 49 Punkten, gefolgt von Eintracht mit 47, Hannover mit 46 und Dynamo Dresden mit 41 Punkten.
Der Spielplan wollte es, dass an dem Wochenende 1./2.April 2017 vier der fünf führenden Mannschaften sich in direkten Duellen gegenüber standen. Die „Roten“ (mit ihrem neuen Trainer Breitenreiter) empfingen den Spitzenreiter Union schon am Samstag und der VfB hatte am Sonntag die Dresdner zu Gast. Und Eintracht? Die „Löwen“, die mit 10 Punkten aus den letzten 4 Partien (1:0 in Sandhausen, 1:1 gg den VfB, 2:1 in Düsseldorf, 3:2 gg Heidenheim) den etwas holprigen Start in die Rückrunde (3P. aus 4Sp.) vergessen gemacht und neues Selbstbewusstsein getankt hatten, mussten ebenfalls erst am Sonntag am Betzenberg beim 14., dem 1.FC Kaiserslautern, antreten.
Es war schon irgendwie traurig, was aus diesem Traditionsverein aus der Pfalz -- wie der BTSV Gründungsmitglied der Bundesliga – geworden war. 44 Jahre in der Bundesliga und je 2 Meisterschaften und Pokalsiege in den 90er Jahren waren nur noch Geschichte. Seit dem letzten Bundesliga-Abstieg 2012 ging es kontinuierlich bergab. 2013 hatten Hertha und Eintracht und eine missglückte Relegation den direkten Wiederaufstieg verhindert, 2014 und 2015 war der Fritz Walther-Club mit dem 4.Platz knapp an den Aufstiegsplätzen vorbeigeschrammt. Nach Platz 10 im vergangenen Jahr war man in dieser Spielzeit so weit, wie noch nie, von der Tabellenspitze entfernt und musste stattdessen – bei 5 Punkten Vorsprung auf Platz 17 – aufpassen, nicht in den Abstiegskampf verwickelt zu werden. Einen Trainer hatte man in der Pfalz schon verschlissen. Korkut, der vor der Saison erst am Betzenberg als Trainer verpflichtet worden war, hatte seinen Vertrag um Weihnachten herum schon wieder aufgelöst (auf Platz 13). Als Nachfolger holten die Verantwortlichen Norbert Meier, der wiederum ca. 1 Monat zuvor erst in Darmstadt entlassen worden war, und verstärkten sich in der Winterpause mit Stürmer Glatzel (zuvor 1860) und Robin Koch (eigene 2.). Alles half nichts. Die „Betze-Buben“ kickten weiter erfolglos, holten unter ihrem neuen Trainer 9 Punkte in 8 Punktspielen und hatten gerade erst beim Tabellenletzten Arminia Bielefeld 0:2 verloren.
Mitgefühl an der Oker mit dem FCK? – Fehlanzeige!
Respekt vor dem Gegner? – Auf jeden Fall! Zum einen lag der letzte Eintracht-Sieg am Betzenberg fast genau 40 Jahre zurück (Mai 1977), zum anderen war der FCK seit 9 Heimspielen ohne Niederlage. Die letzte Schlappe hatte der Club von der Pfalz gegen den VfB am 5.Spieltag mit 0:1 erlitten.
Zusätzlich motiviert durch den 2:0-Sieg von Hannover gegen Union am Sonnabend, womit ein direkter Aufstiegsplatz für die Blaugelben bei einem eigenen Sieg wieder möglich war, machten sich am Sonntag ca..1.500 Eintracht-Fans auf die 450 km lange Reise, um den BTSV zu unterstützen. Pünktlich nahmen sie im Stehblock 17.1 und anderen Blöcken ihre Plätze ein. Das Fritz-Walther-Stadion war mit 23.750 Zuschauern mittelprächtig gefüllt. Der Fußball in Kaiserslautern hatte schon ganz andere Fanmassen gesehen.
Trainer Lieberknecht schickte folgende Elf auf den Platz: Fejzic – Ofosu-Ayeh, Baffo, Valsvik, Reichel – Omladic, Moll, Boland, Zuck – Hernandez, Nyman. In Valsvik hatte Eintracht einen frischgebackenen Nationalspieler in seinen Reihen. Der Norweger hatte in der vorangegangenen Länderspielpause für sein Heimatland debütiert. Boland konnte auch auflaufen. Wegen der in einem Freundschaftsspiel zuvor erlittenen Nasenverletzung spielte er allerdings mit Maske.
Nach dem Anpfiff von Schiedsrichter Jöllenbeck (Freiburg) entwickelte sich schnell eine intensive Partie, in der zunächst der FCK leichte Vorteile hatte. Außer einem Aufsetzer-Fernschuss von Mwene (19.), den Fejzic zur Ecke lenkte, sprangen aber keine wirklich gefährlichen Situationen vor dem Eintracht-Tor heraus. Nach etwa 25 Minuten beruhigte sich das Spiel, was den Blaugelben entgegenkam. Sie kamen nun ihrerseits zu einer guten Chance, sogar einer Mehrfachchance. In Minute 30 kamen nacheinander Nyman, Hernández und Boland zum Schuss, wurden aber jeweils geblockt, sodass der Ball schließlich beim Torwart landete. Der Rest der 1.Hälfte plätscherte fast ereignislos dahin, wobei die Heimelf noch einmal kurz vor der Pause das Tempo anzog. Mit einem gerechten 0:0 und einem Eckenplus von 5:1 für den BTSV ging es in die Pause.
Während in der 1.Halbzeit torgefährliche Aktionen Mangelware waren, sollten die Zuschauer davon in Durchgang 2 genug zu sehen bekommen. Den Anfang machte wieder die Heimmannschaft. Nach einem Abspielfehler kam Kerk frei an den Ball, traf das Leder aber nicht richtig, sodass Konsequenzen ausblieben (54.). Drei Minuten später hatten die Eintracht-Fans den Torschrei schon auf den Lippen. Nach einem Freistoß an der Außenlinie verfehlte der Torwart den Ball und Baffo kam zum Kopfball. Auf der Torlinie stand jedoch ein Verteidiger, der klären konnte (57.). Danach übernahm der FCK wieder mehr und mehr die Spielkontrolle. Nachdem Fejzic mit sehenswerten Paraden Schüsse von Kerk (62.) und Halfar (66.) gerade noch am Überschreiten der Torlinie hindern konnte, unterlief Valsvik in Minute 67 ein Handspiel mit vom Körper abgestreckten Arm. Zum Ärger der Heimfans entschied der Schiedsrichter nicht auf Elfmeter – Glück für die „Löwen“ von der Oker! Überhaupt: Eintracht musste dankbar sein, dass es immer noch 0:0 stand, denn der FCK hätte die Führung aufgrund seiner Spielweise verdient gehabt. In der Folgezeit kamen die Gastgeber jedoch zu weniger Einschussmöglichkeiten. Allein Halfar kam noch zu einer klaren Schusschance, die aber auch nichts einbrachte (76.). Nun begann die Zeit des BTSV! Die Blaugelben, die offensiv außer ein paar Ecken über 20 Minuten nichts zustande gebracht hatten, erspielten sich nun Chancen. Während Torwart Pollersbeck, U21-Europameister mit Deutschland 2017, noch den Kopfball des (für Omladic in der 59.) eingewechselten Biada in der 78.Spielminute klären konnte, war er eine Minute später machtlos. Nach der 10.Ecke von Eintracht kam der Ball durch bis zum langen Pfosten, wo der „maskierte“ Boland lauerte. Erst mit dem Fuß, dann mit dem Kopf nahm der Fanliebling das Leder und bugsierte es ins FCK-Tor (79.) – Sein 3.Saisontor. Toooor! 0:1! Grenzenloser Jubel in Bllock 17.1! ‚Unverdient, aber geil!‘
In die Feierlichkeiten hinein erzielten die Pfälzer fast den Ausgleich, aber der (für Kerk in der 74.) eingewechselte Görtler zielte unbedrängt mit seinem Kopfball aus 8, 9 Metern zu hoch. Wieder Glück! Die Eintracht-Fans skandierten danach „Spitzenreiter, Spitzenreiter“, denn der Blick auf ihr Smartphone hatte ergeben, dass der VfB zeitgleich gegen Dynamo 2:3 zurücklag. Überhaupt hörte man nun nur noch die Fans des BTSV. In der 88. Minute schien sogar das 0:2 fällig zu sein, als Biada nach einem gehaltenen Schuss des ebenfalls eingewechselten Kumbela (74.; für Nyman) den Abpraller vor die Füße bekam und das leere Tor vor sich hatte. Er schoss aber über dasselbe. Als die Nachspielzeit von nur 2 Minuten angezeigt wurde, dachte jeder, der FCK wäre nun geschlagen. Aber nicht so die Pfälzer Spieler! Osawe-Flanke zu dem 3m vor dem Tor postierten Glatzel, Kopfball – Fejzic hielt (91.). ‚Puh!‘
Das war es dann aber auch. Kurz danach pfiff Jöllenbeck die Begegnung ab. Endstand : 0:1! Eintracht hatte nach annähernd 40 Jahren wieder einen Sieg auf dem Betzenberg errungen, nach 12 (11x Punktspiel, 1x Pokal // 9 Niederlagen, 3 Remis) vergeblichen Versuchen! Und … der Fußballgott war an diesem Tag ein Blaugelber gewesen!
Oder doch nicht? Zumindest verfügte er auch über gewisse Sympathien für den VfB Stuttgart. Die Schwaben hatten nämlich aus dem 0:3-Rückstand gegen Dresden in der 94.Spielminute durch einen verwandelten Elfmeter von Terodde noch ein 3:3 gemacht.
Dank dieses Punktgewinns in allerletzter Minute eroberte der VfB die Tabellenspitze. Der VfB hatte jetzt 50 Punkte bei einer Tordifferenz von plus 15. Es folgte nun Eintracht mit ebenfalls 50 Punkten und plus 14. Dasselbe Bild bot sich beim Dritten Union. Die Berliner hatten aber weniger Tore erzielt als der BTSV. Tabellenvierter war Hannover 96 mit 49 Punkten und einer Tordifferenz von plus 13.
Es ging eng zu um den Aufstieg diese Saison in der 2.Bundesliga …!
Wegen des nur 3 Tage später stattfindenden Auswärtsspiel bei der SgVgg Greuther Fürth kehrte Eintracht gar nicht in die Löwenstadt zurück, sondern blieb gleich im Süden der Republik.
[Stand: Juni 2021]