17. Mai
Trainer Branco Zebec17.05.1929
Ein Löwengeburtstag
Branco Zebec wurde am 17.5.1929 in Zagreb / Jugoslawien (heute: Kroatien) geboren.
Bei ihm ist die Frage durchaus angebracht, ob seine Karriere als Spieler oder als Trainer als höherwertig zu betrachten ist.
Denn als Spieler errang er schon überragende Erfolge. Zebec, der in jungen Jahren neben Sport auch Mathematik und Physik studierte und dem eine wissenschaftliche Laufbahn an der Universität angeboten wurde, auf die er zugunsten des Fußballs verzichtete, war 65-facher jugoslawischer Nationalspieler (17 Tore), mit seiner Nationalelf Silbermedaillengewinner bei Olympia 1952 und WM-Teilnehmer 1954 und 1958 und Mitglied der Welt-Elf und der Europa-Elf in verschiedenen Jahren. Er spielte für verschiedene jugoslawische Vereine. Seine Karriere ließ er aber in den Jahren 1961-65 ausgerechnet bei Alemannia Aachen ausklingen.
Seine Trainerkarriere startete der Hobby-Maler und John Wayne-Fan in seiner Heimatstadt Zagreb 1966, wo er sogleich mit Dinamo gegen Leeds United den Messe-Pokal (Vorgänger des UEFA-Pokals) gewann. 1967 erwarb er das Trainer-Diplom in Köln. Ab 1968 wurde er Trainer bei Bayern München. Zebec, der seine Spieler per Telefon oder auch ´mal persönlich kontrollierte und den die Bayern-Spieler „Cäsar“ nannten, holte gleich 1969 mit den Münchnern das erste „Double“, die Meisterschaft und den Pokal. Er wollte ohnehin bei den Bayern 1970 im Sommer als Trainer aufhören, dazu kam es jedoch nicht. Im März 1970 wurde er entlassen, angeblich wegen Dissonanzen mit den Stars der Mannschaft.
Das nächste Engagement ließ aufgrund des guten Rufs, den sich der Jugoslawe als Trainer inzwischen erworben hatte, nicht lange auf sich warten. Zebec wurde Trainer zur neuen Saison beim VfB Stuttgart. In Stuttgart blieb er bis März 1972. Im Sommer 1972 kehrte er wieder in sein Heimatland zurück und übernahm Hayduk Split. Diesen Verein trainierte er bis Sommer 1974.
Und jetzt trat Eintracht Braunschweig in Person seines Präsidenen „Balduin“ Fricke auf den Plan.
Der BTSV hatte als Nachfolger von Trainer Knefler, der die Löwenstadt auf eigenen Wunsch Richtung Borussia Dortmund verließ, für seine Aufstiegs-Mannschaft eigentlich Rudi Fassnacht vorgesehen. Dieser wurde jedoch kurz vor Trainingsbeginn wegen versuchter Beamtenbestechung zu 2 Monaten Berufsverbot verurteilt, weil er versucht hatte, zu schnelles Fahren mit 100 DM „aus der Welt schaffen zu wollen“. Die Blaugelben standen also plötzlich ohne Trainer in der Bundesliga da. Da die Trainer-Elite ohnehin bei der Fußball-WM in Deutschland versammelt war, konnte Fricke leicht Kontakt mit potentiellen Nachfolgern aufnehmen. Die Auswahl fiel letztendlich zwischen Dettmar Kramer und dem „Fuchs vom Balkan“, wie der Jugoslawe auch genannt wurde, auf Zebec. Am Vorabend des WM-Finales (Deutschland – Holland = 2:1), zwei Tage vor dem geplanten Trainingsauftakt der „Löwen“, war schließlich alles klar. Beim ersten Training am 8.7.74 war er logischerweise noch abwesend. Das leitete der ständige Stellvertreter Heinz Patzig. Zebec, der sich selbst zu Beginn seiner Braunschweiger Zeit als „halber Deutscher“ (18.7.74; Kicker 59/74, Seite 9) bezeichnete, stieß erst Ende der Woche im Trainingslager in Barsinghausen zur Mannschaft. Ihm wurden als neue Spieler u.a. Wolfgang Frank, „Charlie“ Handschuh und sein Landsmann Aleksandar Ristic, den er selbst von einem Wechsel überzeugte, (für über 1 Million DM) an die Seite gestellt.
Zebec, der körperliche Fitness als Voraussetzung ansah und „den intelligenten Spieler“ förderte, führte bei Eintracht von Beginn ein Abwehrsystem ein, das keine Manndeckung mehr vorsah, sondern die Übergabe und Übernahme eines Gegenspielers. Dies System gilt heute als Vorläufer der Viererkette. Die Mannschaft verinnerlichte seine neue Fußball-Philosophie sehr schnell, noch während der Vorrunde. Apropos Vorrunde 1974/75: Nachdem das Team – wie auch der VfL Bochum und Eintracht Frankfurt – ohne Niederlage durch die Vorbereitungsspiele gekommen war, erwartete jeder Spieler von Zebec vor dem ersten Bundesliga-Spiel gegen Mitaufsteiger Tennis Borussia Berlin am 24.8.74 eine längere Ansprache Stattdessen gab dieser die Elf und die Nummern bekannt und sagte lapidar: „Wenn wir das nicht gewinnen, können wir das Buch Bundesliga gleich wieder zumachen“. Endstand war ein 5:0. Überhaupt gelang dem Aufsteiger BTSV eine glänzende Hinrunde. Ein 4:1 gegen den MSV Duisburg, ein 3:1 gegen Meister Bayern München, ein 4:1 n.V. beim Vizemeister Hertha BSC Berlin im Pokal und ähnliche Resultate sorgten dafür, dass Zebec, der sich selbst während seiner Zeit in Braunschweig einen „Dickkopf“ nannte, die „Löwen“ die gesamte Hinrunde und darüber hinaus noch einige Partien in der Spitzengruppe hielt und die Saison als Neunter mit 36:32 Punkten (14-8-12) abschloss, noch vor Bayern München (10. .mit 34:34).
Obwohl etliche Bundesligisten vor der Saison 1975/76 um Danilo Popivoda buhlten, unterschrieb der jugoslawische Nationalstürmer bei der Eintracht in der Löwenstadt. Zebec mit Sicherheit und vielleicht auch Ristic hatten ihn nach Braunschweig gelockt. Als weitere Spieler kamen Dieter Zembski, der alsbald mit Bernd Gersdorff das Stadionmagazin „Eintracht aktuell“ herausgeben sollte, und Uwe Hain, der von den eigenen Amateuren aufrutschte. Während insgesamt 7 Bundesligisten ihren Trainer wegen Erfolglosigkeit entließen (u.a. Schalke 04, 1.FC Köln, Hannover 96), lief es beim BTSV besser, als selbst kühnste Optimisten erwarteten. Am Saisonende stand ein 5.Platz (39:29, 14-11-9) und damit die Qualifikation für den UEFA-Cup fest, nachdem die „Löwen“ sogar zwischenzeitlich die Tabelle mehrfach angeführt hatten (erstmals nach 7 Spieltagen, noch ungeschlagen). Hennes Jäcker, von 1957 bis 1966 Stammtorwart und von 1980 bis 1983 Präsident des BTSV urteilte sogar über diese Spielzeit: „So brillant und elegant, so variationsreich wie die Eintracht … spielte nicht einmal unser Meisterteam. Hier ist die Handschrift eines Trainers, eines Branco Zebec unverkennbar.“ Und das Beste für Eintracht war: Die Fans, die so zahlreich ins Stadion geströmt waren wie seit der Meisterschaft nicht mehr (22.604 im Durchschnitt, zweitbester Wert), konnten sich auf weitere Jahre dieses Fußballs freuen, denn der Jugoslawe hatte schon im Februar 1976 für 2 Jahre verlängert. Entgegen seiner Eigenart, nur 2 Spielzeiten bei einem Verein zu bleiben, verlängerte er in der Löwenstadt, weil er ‚weiteres gutes Arbeiten für möglich hielt‘. Das Team insgesamt wird es gefreut haben, obwohl Zebec nicht nur angenehme Seiten hatte. Er bevorzugte nämlich die Kollektivstrafe, d.h.: Wenn einer seine Anordnungen nicht befolgte, drehten alle Spieler Strafrunden. Der ehemalige Spieler Bernd Gersdorff weiß von einer Gegebenenheit zu berichten, wo die Mannschaft nach einem Auswärtsspiel entgegen der Anordnung des Trainers „Bei Conni“ (Stammkneipe) einkehrte, erwischt wurde und am nächsten Tag Läufe – im wahrsten Sinne – bis zum Erbrechen machen musste. Da keiner aufmuckte, wird der Mannschaftsgeist und der Respekt gegenüber dem Trainer in Ordnung gewesen sein.
Dafür spricht auch, dass in der nächsten Saison 1976/77 das um Norbert Stolzenburg, Frank Holzer und (von den eigenen Amateuren) Bruns und Grobe verstärkte Team bis zum Schluss um die Meisterschaft mitspielte und diese als Dritter nur um 1 Pünktchen verfehlte (43:25, 15-13-6). Die Entscheidung fiel am drittletzten Spieltag bei der 0:1-Heimniederlage gegen Werder Bremen. Der 3:1-Sieg am gefürchteten Betzenberg sowie das abschließende 6:0 gegen RW Essen halfen nichts mehr.
Zebec war erfreut, dass ihm Mäzen Mast -- unter großer Anteilnahme der Öffentlichkeit – für die folgende Saison 77/78 Breitner von Real Madrid kaufte. Außerdem kam der schwedische Nationalverteidiger Hasse Borg. Eintracht Braunschweig wollte den Titel angreifen! Den Stürmer, den der Jugoslawe vehement schon im Frühjahr gefordert hatte und der angesichts des Wechsels von Stolzenburg nach Duisburg wichtiger denn je war, bekam er jedoch nicht. Harald Aumeier, der im Anschluss nur auf 6 Einsätze kam (0 Tore) war eine Alibi-Verpflichtung. Dazu kamen noch früh Unstimmigkeiten innerhalb der Mannschaft (Breitner!), die im Ärger um Torjäger Frank gipfelten, der schließlich zu dessen Wechsel in der Winterpause nach Dortmund führte. Das alles führte beim Verein dazu, dass der BTSV seinem Anspruch, eine Spitzenmannschaft zu sein, in keiner Phase der Saison gerecht wurde. Und beim Trainer? Schon um Weihnachten herum sagte Zebec, dass er im Sommer 1978 gehen würde. Er war einfach unzufrieden, hatte das Stürmerproblem und insgesamt nur 16 Spieler zur Verfügung, von denen er sagte, dass nur 11 Bundesligareife besitzen würden. Ärger mit Präsident Fricke kam hinzu. Der Jugoslawe belegte mit seiner Mannschaft schließlich einen enttäuschenden 13.Tabellenplatz (32:36, 14-4-16).
Damit war das Kapitel Branco Zebec bei Eintracht Braunschweig erledigt. Insgesamt waren ihm 57 Bundesliga-Siege, 36 Unentschieden und 43 Niederlagen zuzuschreiben – eine Bilanz, die sich sehen lassen kann !!!
Für den Jugoslawen ging es im Sommer 1978 beim HSV weiter. Diesen führte er gleich zur Deutschen Meisterschaft 1979. In der folgenden Saison 1979/80 holte er die Vize-Meisterschaft nach Hamburg und zog mit seiner Mannschaft ins Europa-Cup-Finale ein, das er jedoch verlor. Kritiker meinen, dass Zebec beide Titel verspielt hätte wegen seiner Alkoholsucht. Denn die Alkoholabhängigkeit vom Jugoslawen war seit dem Frühjahr 1980 offensichtlich. Im April 1980 wurde ihm der Führerschein mit 3,25 gr o/oo entzogen, danach noch einmal für 9 Monate. Zebec war darüber hinaus wiederholt nicht in der Lage, das Training zu leiten und saß betrunken bei Spielen auf der Trainerbank. Trotz der bekannten Probleme und trotz der Tatsache, dass die Mannschaft im Frühjahr gegen den Trainer wegen zu hartem Training opponiert hatte, entschieden die Verantwortlichen des HSV im Juli 1980, mit Zebec weiterzumachen, weil man meinte, ihn vom Alkohol fernhalten zu können. Von der Presse war Zurückhaltung signalisiert worden. Es gelang nicht. Nach einem alkoholbedingten Eklat auf der Pressekonferenz nach dem letzten Spiel der Hinrunde gegen 1860 München wurde er – auf Platz 1 der Bundesliga-Tabelle stehend – am 17.12.1980 entlassen.
Für die neue Saison 1981/82 erhielt Zebec ein Angebot von Borussia Dortmund, das er annahm. Er führte die Westfalen auf Platz 6 der Bundesligatabelle. So gut plaziert war Borussia lange nicht mehr. Aber auch bei diesem Verein kam es zu alkoholbedingten Auffälligkeiten. Bei einem Spiel fiel er betrunken rückwärts von der Bank, zudem verursachte er mit 2,03 gr o/oo einen Autounfall.
Am 19.9.1982 verpflichtete Eintracht Frankfurt den Jugoslawen als Trainer. Es sollte seine letzte Trainerstation in der Bundesliga sein. In dieses Engagement fiel auch sein 400.Bundesligaspiel als Trainer, ausgerechnet gegen den BTSV. Am 19.2.1983 verlor er mit der hessischen Eintracht in Braunschweig 0:1. Dass kaum noch weitere Bundesliga-Spiele als Trainer dazu kamen, war seiner Alkoholsucht geschuldet. So soll er vor der Partie am 33.Spieltag (gegen Werder; 0:1) einen angetrunkenen Eindruck gemacht haben, sieben Minuten vor Abpfiff schon in die Kabine gegangen, dabei im Treppenaufgang gestolpert und hingefallen sein und die Pressekonferenz versäumt haben. Die Sportpresse stellte da schon die Frage: „Muss Zebec gehen?“ (Kicker 44/83).
Die Entlassung vollzog sich dann über 4 ½ Monate später, allerdings vorwiegend aus sportlichen Gründen. Eintracht Frankfurt war (2 Wochen nach dem 3:4 bei den „Löwen“) nach einem 1:4 beim VfL Bochum im Tabellenkeller angekommen. Die Vereinsführung zog die Konsequenzen, entließ Zebec am 17.10.1983 und machte damit ‚den Weg für einen Neuanfang frei‘. Der Jugoslawe, der vorher den Stammtorwart suspendiert, die Essensbestellung für die Mannschaft vergessen und zwar die Sonntags-Trainingseinheit versäumt hatte, ließ es sich nicht nehmen, sich am darauffolgenden Montag, mit Anzug und Krawatte bekleidet, von der Mannschaft zu verabschieden. Auf das ihm zustehende Gehalt bis Juni 1984 verzichtete er gegenüber dem Verein. Der Frankfurter Eintracht half dies nur bedingt. Als Tabellen-16. am Ende musste sie in die Relegation und rettete sich (gegen den MSV Duisburg).
Fast wäre es nur Wochen nach der Entlassung von Zebec zu dessen zweitem Engagement bei Borussia Dortmund gekommen. Denn nach einem 0:2 gegen die Blaugelben zuhause entließen die Verantwortlichen der Westfalen Trainer Maslo und führten vielversprechende Telefonate mit dem Jugoslawen. Die Fans hatten skandiert „Wir wollen Branco“ und die Sportpresse ging schon von Vollzug aus (Kicker 86/83, S.67d+68). Eine Woche später kam es jedoch zur Absage.
Dennoch ist Branco Zebec bis heute der ausländische Trainer (vor Hub Stevens und Favre), der die meisten Bundesliga-Spiele absolviert hat. Bei den 413 Spielen sind ihm 193 Siege geglückt (96 U, 124 N).
1984 trainierte Zebec dann noch einmal seinen Heimatverein Dinamo Zagreb.
Im Alter von nur 59 Jahren verstarb Branco Zebec am 26.9.1988 in seiner Geburtsstadt Zagreb.
Viele Spieler halten ihn noch heute für den besten Trainer, den sie je hatten, so zum Beispiel Breitner und Merkhoffer.
[Stand: August 2022]

Eintracht – Karlsruher SC 0:2 (0:1)17.05.2015
33. Spieltag 2. Bundesliga – 2014/2015
Am 33. und gleichzeitig vorletzten Spieltag der Zweitliga-Saison 2014/15 erwartete der Fünfte den Vierten der Tabelle. Eintracht empfing den KSC.
Es hätte so schön aussehen können für die „Löwen“ von der Oker. Sie hätten nur die beiden Rückrundenspiele gegen den jeweiligen Tabellenletzten gewinnen müssen. Das war doch nun wirklich nicht zuviel verlangt von einem Bundesliga-Absteiger, oder? Dann wäre die 1:3-Niederlage beim Mitabsteiger 1.FC Nürnberg am letzten (32.) Spieltag auch verkraftbar gewesen. Aber nein, die Kicker des BTSV mussten ja sowohl ihr Heimspiel am 24.Spieltag gegen das Schlusslicht der 2.Bundesliga, den FC St.Pauli, mit 0:2 als auch am 29.Spieltag beim neuen Letzten, dem VfR Aalen, mit 1:2 verlieren. Statt einer Punktzahl von 56, die sie punktgleich mit dem Tabellenzweiten Darmstadt 98 auf Platz 3 geführt hätte, wiesen sie nun nur 50 Punkte und damit einen Rückstand auf Platz 3 (1.FC Kaiserslautern) von 4 Zählern auf. Sie besaßen damit lediglich noch Außenseiterchancen auf die Relegation (Platz 3), konnten aber immerhin den Karlsruher SC (52 Punkte) im Falle eines Heimsiegs hinter sich lassen und die Saison wenigstens als Vierter abschließen.
„Nur“, „wenigstens“, „nicht zuviel verlangt“? Dachte man tatsächlich so in Braunschweig? Mag sein, dass der eine oder andere „Fan“ der Braunschweiger Eintracht tatsächlich diese Anspruchshaltung entwickelt hatte, aber die große Mehrheit sah die Entwicklung ihres Vereins doch realistisch und war – angesichts der vorgenommenen Investitionen in „Steine“ und des Aderlasses von „Beinen“ nach dem Abstieg – mit dem Saisonverlauf sehr zufrieden. Immerhin kickte man vier Jahre zuvor noch in Liga 3. Aber schade war es trotzdem …!
Die Hoffnungen der KSC-Fans auf den Aufstieg ihres Teams dagegen waren so unrealistisch nicht. Zumindest der 3.Platz schien erreichbar. Der 1.FC Kaiserslautern war nur 2 Zähler voraus und musste zeitgleich bei Erzgebirge Aue antreten, das wiederum jeden Punkt für den Klassenerhalt benötigte. Die „Veilchen“ hatten bereits am 30.Spieltag beim unglücklichen 2:4 in Braunschweig bewiesen, dass sie sich noch lange nicht aufgegeben hatten, und waren danach mit zwei Siegen regelrecht durchgestartet. Der erste Sieg war ausgerechnet mit 3:1 gegen den KSC gelungen, bevor ein 2:1 bei Union Berlin folgte. Warum also nicht noch ein Sieg gegen einen weiteren Aufstiegsanwärter?
Darin lag natürlich auch die – zugegebenermaßen – klitzekleine Chance des BTSV. Den KSC schlagen und auf Aue hoffen …! Vielleicht ging dann noch ´was! Immerhin hatten die Betze-Buben die letzten beiden Partien verloren.
Allerdings – der Karlsruher SC hatte mehr Punkte als die „Löwen“ und wollte erst einmal besiegt werden. Die Badener, die eine wesentlich bessere Position im Kampf um die Aufstiegsplätze durch die 0:1-Heimniederlage gegen den jetzigen Zweiten der Tabelle Darmstadt 98 im letzten Montagsspiel der Saison (32.SpT) verspielt hatten, wollten ebenfalls ihre letzte Chance nutzen. Ihr Trainer Kauczinski sagte dann auch „Wir haben nichts mehr zu verlieren.“
Doch! Platz 4 nämlich! Den wollte nun der BTSV! Marc Pfitzner bekräftigte dies mit den Worten: „Wir geben nicht auf!“ Sein Trainer Torsten Lieberknecht, der just in der Woche vor dem Spiel (13.5.2015) mit 2.557 Tagen zu Eintrachts Rekordtrainer geworden war und damit Hellmuth Johannsen ablöste, setzte mit der Aussage „Wir werden noch ´mal beißen!“ noch einen drauf.
22.335 Zuschauer fanden sich in gespannter Erwartung am Sonntag, den 17.5.2015 im Stadion an der Hamburger Straße ein.



Der Gästeblock war prall gefüllt, bis auf wenige Restkarten war der „Tempel voll“.



Bevor das Geschehen auf dem Platz die volle Aufmerksamkeit erforderte, konnten noch die Fussballereignisse der Woche diskutiert werden. Bayern München war im Halbfinale der ChampionsLeague am FC Barcelona (3:2/0:3) gescheitert. Das erfreute die Mehrheit der Eintracht-Fans, denn der sog. „Stern des Südens“ aus dem Freistaat war im Braunschweiger Land nicht sonderlich beliebt. Was jedoch ärgerlich war, hatte sich erst einen Tag zuvor zugetragen. Am Samstag verlor der Tabellenfünfte der Bundesliga, der FC Augsburg, sein letztes Heimspiel der Saison gegen den Sechzehnten, die „Roten“ aus West-Peine, mit 1:2. Die Landeshauptstädter kletterten dadurch (erster Sieg nach 16 sieglosen Spielen) auf Platz 15. Ein „Derby“ in der nächsten Saison war damit unwahrscheinlich geworden. Wenigstens hatte der „große“ HSV seine Partie beim Letzten VfB Stuttgart mit 1:2 verloren und war damit auf den vorletzten Tabellenplatz abgerutscht. Nord-Duelle mit dem Dino wären ja auch nicht schlecht…!
Vor dem Anpfiff galt es dann noch, die Spieler zu beklatschen, die den BTSV nach der Saison verlassen würden. Mit Torwart Petkovic, Henn, Kessel, Rafael Korte, Ryu (Leihe beendet), Theuerkauf und Washausen verließen gleich 7 Spieler (teilweise von sich aus) die „Löwen“, um woanders ihre Karriere fortzusetzen.



Das wollten Deniz Dogan und Dennis Kruppke nicht. Sie beendeten zwar ihre Spielerlaufbahn, blieben aber in anderer Funktion beim Verein.
Pünktlich um 15.30 Uhr schließlich pfiff Dr. Felix Brych, der 13 Tage später das Pokalfinale in Berlin pfeifen sollte (Betriebssportgruppe VW – BvB = 3:1), die Begegnung an. Auf der Seite der Blau-Gelben sollten Gikiewicz; Sauer, Correia, Dogan, Reichel; Pfitzner, Boland; Omladic, Hochscheidt, Ryu; Berggreen die letzte Chance nutzen. In der Karlsruher Startelf stand mit Rouven Hennings der zweitbeste Torjäger der 2.Liga (15 Treffer) und mit Philipp Max ein vielversprechendes Talent, das seine Bundesliga-Karriere noch vor sich hatte (ab Sommer 2015: FC Augsburg).
Wenn es jemand gegeben haben sollte, der sich der Bedeutung des Spiels nicht bewusst war, so wurde er noch in der 1.Spielminute aufgeklärt. Hochscheidt hatte Peitz gefoult, und sofort erfolgte die sog. Rudelbildung. Schiri Brych musste eingreifen und schlichten, was er dann mit den Gelben Karten für Hochscheidt, Peitz und Pfitzner auch tat. Danach diktierte zunächst Eintracht die Partie. Die „Löwen“ störten früh den Spielaufbau der Gäste und versuchten so, Druck zu erzeugen. Außer zwei Ecken sprang aber nichts dabei heraus. Erst nach ca. 10 Minuten deutete der KSC seine Gefährlichkeit an. Einen Freistoß aus größerer Entfernung, der im Lattenkreuz eingeschlagen wäre (12.), konnte Gikiewicz jedoch ebenso entschärfen wie einen Schuss des frei vor ihm auftauchenden Nazarow (16.). Im Anschluss tat sich eine Zeit lang wenig Aufregendes auf dem Platz. Die Zuschauer sahen schon ein Zweitliga-Spiel der besseren Art, aber gelungene Offensivaktionen hatten Seltenheitswert. Auch die Blau-Gelben spielten ordentlich bis gut, nur kam der letzte Pass zu selten an. So blieb der von Gulde geblockte Omladic-Schuss (20.) die einzige nennenswerte Offensivaktion. Nach 30, 35 Minuten deutete nichts auf ein Tor im 1.Durchgang hin. Die Partie plätscherte vor sich hin.
Das änderte sich in Minute 36. Eine ebenso riskante wie sehenswerte, aber auch absolut notwendige Grätsche von Pfitzner verhinderte einen wahrscheinlichen Einschlag im Eintracht-Gehäuse. Sieben Minuten später half auch das nichts mehr. Hennings hatte sich klug vom Gegenspieler gelöst, den Ball erhalten und knapp an Gikiewicz vorbei vollstreckt (43.). Fast hätte Correia den nicht unhaltbaren scheinenden, langsamen Ball noch vor dem Überschreiten der Torlinie erreicht. 0:1! Jubel in Block 19, Ernüchterung in der Südkurve!
Die Blaugelben auf dem Rasen zeigten sich unbeeindruckt vom Gegentreffer und kamen noch vor dem Pausenpfiff zu einer Ausgleichschance. Zuck, den Eintracht kurz zuvor vom SC Freiburg gekauft (zuvor Leihe) und mit einem 3-Jahres-Vertrag ausgestattet hatte, war bis zur Grundlinie durchgebrochen, fand mit seiner Flanke aber keinen Abnehmer (45.+1). Pause! Von den Spielanteilen her war das 0:1 aus Sicht der „Löwen“ unverdient, jedoch hatte sich der Gast als zwingender in seinen Offensivaktionen erwiesen.
Für die 2.Halbzeit brachte Trainer Lieberknecht Nielsen für Hochscheidt. Es sollte also etwas offensiver werden. Und das wurde es dann auch. Zuck (49.) und Boland (53.) mit zu hohen angesetzten Schüssen (49.) sowie Nielsen (51.) mit einem gerade noch abgefangenen Pass auf Berggreen sorgten für erste Aufregung beim KSC. Nielsen, der in der 55.Minute zum Unverständnis der Zuschauer den gelben Karton von Schiri Brych sah, hatte sofort für frischen Schwung gesorgt. Eintracht kombinierte nun sehenswert und drängte auf den Ausgleich. Die Zuschauer bekamen eine Eintracht vom Feinsten zu sehen. In der 68. Minute schien der überfällige Ausgleich endlich zu fallen. Boland hatte sich bis zur Grundlinie durchgespielt und passte zurück auf Nielsen, der das Leder jedoch knapp am Tor vorbeischob. ‚Es ist zum Haareraufen! Nun aber!´ Der Minutenzeiger war gerade einmal weitergesprungen, da kamen erst Omladic und dann der Sekunden zuvor (für Pfitzner) eingewechselte Düker zum Schuss. Letzteren entschärfte Orlishausen mit einer Glanzparade. Der Torwart der Gäste war es dann auch, der nach 72 Minuten erneut einen Treffer der Blau-Gelben verhinderte. Bis zu diesem Zeitpunkt war der BTSV klar besser und hätte den Ausgleich mehr als verdient gehabt. Chancen des KSC: außer einem Schüsschen von Nazarow (72.) ab-so-lu-te Fehlanzeige! Erst danach ließ der Druck der „Löwen“ langsam nach. Chancen ergaben sich jedoch auch weiterhin. In der 82.Minute sorgte ein Kopfball des 3 Minuten zuvor (für Omladic) eingewechselten Kessels für Gefahr, wurde aber zur Ecke geklärt. Eckenverhältnis zu diesem Zeitpunkt: 5:1. Ergebnis: 0:1.
In Minute 84 gab es erneut eine Rudelbildung, in der Reichel den gegnerischen Peitz schubste. Dieser ging schauspielreif zu Boden. Schiri Brych, der sich an diesem Nachmittag nun wahrlich nicht als Heimschiedsrichter gezeigt hatte, zog sofort „Rot“. Eine absolut überzogene Entscheidung. Wenigstens ging Peitz mit „Gelb-Rot“ auch vom Platz. Drei Minuten später folgte dann der endgültige K.O. für die Blau-Gelben. Nach einem Einwurf und dem folgenden Fehler von Dogan kam erneut Hennings frei zum Abschluss und ließ sich die Chance nicht entgehen. 0:2 (87.). Eintracht gab zwar danach immer noch nicht auf und erspielte sich noch 2 Ecken sowie 3 hochkarätige Chancen (Dogan, 91., Klärung auf Torlinie; Kessel, 92. frei vor Torwart; Boland, 94., Schuss auf Mann), aber an diesem Tage sollte es irgendwie nicht sein. Nach 94 Minuten beendete der Schiedsrichter die Partie.
Endstand: 0:2! Absolut unverdient, aber Realität!
Eintracht hatte damit seine letzte Chance auf den Aufstieg verspielt. Zum Schämen bestand nach dieser guten Leistung jedoch kein Anlass. Das gab die Südkurve den enttäuschten Spielern auch noch lautstark zu verstehen.



Beim Karlsruher SC herrschte dagegen Freude pur. Erzgebirge Aue hatte dem 1.FC Kaiserslautern tatsächlich ein 0:0 abgetrotzt und dem KSC damit dank des besseren Torverhältnisses zu Platz 3 in der Tabelle verholfen (beide 55P.). Da gleichzeitig Darmstadt 98 bei Greuther Fürth 0:1 verloren hatte, durfte man sogar wieder auf Platz 2 hoffen (56P.).
Eine Woche später hatten sowohl Bundesliga als auch 2.Liga ihr Finale. Die „Roten“ schafften den Klassenerhalt direkt, der HSV musste – wie in der Vorsaison -- in die Relegation. Dort sollten sie auf den KSC treffen, der seinen 3.Platz mit einem Heimsieg halten konnte. Nach einem 1:1 zu Hause schaffte der „Dino“ mit einem glücklichen 2:1 n.V. in Karlsruhe wiederum den Klassenerhalt.
Eintracht beendete die Saison in der 2.Bundesliga nach einem 0:2 bei Union Berlin auf Platz 6. Zuvor hatte Trainer Lieberknecht übrigens noch in einem ausführlichen „Kicker“-Interview (Ausgabe vom 18.5.) erklärt, für ihn „ist ein Wechsel nach Hannover unvorstellbar“.
21.610 Zuschauer waren im Durchschnitt zu den 17 Heimspielen der „Löwen“ in dieser Saison 2014/15 erschienen. Das bedeutete eine Stadionauslastung von 92,7%, der zweithöchsten in Liga 2.
Apropos Zuschauer! In derselben Ausgabe des „Kicker“, in der Lieberknecht „Nein“ zu 95+1 gesagt hatte, ließ sich der damalige Vorstandsvorsitzende von Eintracht Frankfurt zum Fanverhalten des VfL Wolfsburg aus: „Die gewinnen gegen Bayern München und kommen samstags drauf dann mit 156 Fans zu uns.“
Aber das war ja 2015 und hat sich bis heute ja … ähem … gründlich geändert…
Saison 2019/20, Europa League, Gruppenphase:
1.Heimspiel: 10.112 Zuschauer
2.Heimspiel: 11.620 Zuschauer (Zahlen von „fussballdaten.de entnommen)
[Stand: November 2019]