25. Juni
Stürmer Milos Kolakovic25.06.1974
Ein Löwengeburtstag
Milos Kolakovic wurde am 25.6.1974 in Belgrad / Jugoslawien (heute: Serbien) geboren.
Bis 1995 spielte der gelernte Umwelttechniker und Hobby-Schachspieler für verschiedene jugoslawische Vereine. Zuletzt war er für den Drittligisten FK Vozdovac aktiv, als Ende 1995/Anfang 1996 der Kontakt zu Eintracht Braunschweig über einen in der Okerstadt wohnhaften Landsmann zustande kam. In Jugoslawien tobte der Bürgerkrieg, und Kolakovic wollte „einfach nur raus aus dem Land“, um seinen Traum als Fußballprofi leben zu können.
Der derzeitige Trainer der „Löwen“ Benno Möhlmann zeigte Interesse und fragte den Stürmer, ob er sich vorstellen könne, für Eintracht zu spielen. Milos antwortete mit einer Gegenfrage. Er fragte nicht etwa nach dem Geld, das er verdienen könne, oder nach dem schicken Auto, das ihm der Verein eventuell zur Verfügung stellte, sondern seine Frage betraf die Zuschauerzahl. Als ihm Möhlmann erklärte, dass ca. 10.000 Zuschauer regelmäßig im Stadion seien, unterschrieb der Stürmer seinen Vertrag.
In der Rückrunde, die der BTSV in der Regionalliga Nord (nach dem Trainerwechsel von dem erfolglosen Schweden Jans Olsson zu Möhlmann) hinter dem VfB Oldenburg (noch) auf Platz 2 abschloss (60 zu 67 Punkte), fiel Stürmer Kolakovic mit 3 Toren bei 18 Einsätzen nicht sonderlich auf. Das sollte sich in der Folgesaison, der ersten (von zwei) mit Absteiger Hannover 96, ändern. Zum Ärger ihrer Fans kamen die Blaugelben etwas mühsam aus den Startlöchern, so dass die „Roten“ früh über 10 Punkte Vorsprung +/- verfügten. Daran konnten auch 19 Tore des Jugoslawen (bei 31 Einsätzen) nichts ändern, womit er Rang 5 der Torjägerliste bekleidete. Schade für ihn und den BTSV, dass sein erstes Saisontor zum 3:1 beim 3:2-Sieg am 5.Spieltag gegen Hannover vor 22.939 Zuschauern nichts bewirkte. Der BTSV belegte schließlich mit 78 Punkten Rang 2 hinter 95+1, das 83 Punkte errang.



Da Hannover 96 in den Entscheidungsspielen um den Aufstieg in die 2.Bundesliga an „Ede“ Geyer und seinen Cottbusern (Kronhardt-Aktion mit seiner Nele) scheiterte, stand für die Blaugelben eine weitere Saison mit den sog. Landeshauptstädtern an. Doch etwas war anders in Braunschweig. Der BTSV hatte einen anderen Trainer! Möhlmann war freiwillig – nicht ganz leise unter Hinweis auf die Finanzmisere des Vereins – gegangen und Michael Lorkowski war gekommen. Doch dies war nicht die entscheidende Änderung, auf die sich das Team der mit zukünftigen National- (Addo, Asamoah, Fabian Ernst) und Bundesligaspielern gespickten Hannoveraner einstellen musste, sondern die Tatsache, dass Eintracht plötzlich mithielt. Ob es nun an den neu verpflichteten, stark auftrumpfenden Spielern Bennert und Jurgeleit oder an den Toren von Kolakovic, der sich in der Okermetropole sichtbar wohl fühlte und auch die fremde Sprache schnell beherrschte, lag: Die „Löwen“ agierten mit 96 auf Augenhöhe.
Kolakovic traf er in der Hiinrunde, wie er wollte (11 Treffer), sicherte mit seinen beiden Treffern am 17.Spieltag beim 3:2-Sieg gegen Werder Bremen 2 die Herbstmeisterschaft für die Blaugelben und legte darüber hinaus u.a. den Ausgleich beim 1:1 durch Marco Dehne in Hannover vor. Die Sportzeitschrift „Kicker“ titelte daher zurecht: „Kolakovic, der sichere Vollstrecker“.
In der Rückrunde machten der BTSV und sein Torjäger zunächst weiter wie bisher. Auch aufgrund der 7 Tore des Jugoslawen, von denen einige spielentscheidend waren, führte Eintracht bis drei Spieltage vor Schluss die Tabelle an. Es folgte ein 1:1 beim VfB Oldenburg ohne Tor von Kolakovic, das die Tabellenführung 60km westwärts wandern ließ, und ein 0:1 zuhause gegen die Hannoveraner, womit die Saison natürlich entschieden war. Hannover 96 gewann die Meisterschaft und stieg im Sommer 98 auch auf.
Ausgerechnet in den letzten drei Saisonspielen hatte Kolakovic Ladehemmung. 18 Tore (in 33 Einsätzen) und Platz 8 der Torjägerliste verloren plötzlich ihren Wert. Vielleicht wäre die Spielzeit anders verlaufen, wenn am 12.Spieltag die 2 Tore des Jugoslawen zur 2:0-Halbzeitführung beim VfB Lübeck zum Sieg gereicht hätten. Eintracht verlor noch 2:3. Gleichzeitig war es die erste Niederlage. So früh dies auch in der Saison passierte, so gut hätten dem BTSV die Punkte im Endspurt getan. Letztendlich war jedoch so der Weg frei für Hannover, das am Ende 89 Punkte auf dem Konto hatte (gegenüber 82 von Eintracht, das auch das letzte Spiel bei Bremen 2 mit 0:3 verlor).
Kolakovic´ Treffsicherheit war selbstverständlich auch anderen Vereinen nicht verborgen geblieben. Dem Torjäger lagen für die Saison 1998/99 Angebote von Greuther Fürth, aus Freiburg und von Arminia Bielefeld vor, von denen er sich für letzteres entschied. Doch in Bielefeld wurde Kolakovic nicht glücklich. Bis Dezember 1998 kam er nur auf 8 Einsätze, in denen ihm nicht ein einziges Tor gelang. Die Konkurrenz beim Zweitligisten, der am Saisonende souverän als Meister in die Bundesliga aufstieg, war einfach zu groß. An Bruno Labbadia, Michael Sternkopf (beide später Bayern München) u.a. war halt kein Vorbeikommen.
Kolakovic ließ sich daher für die Rückrunde zurück nach Braunschweig ausleihen, wo er nicht nur in Sandhowe einen neuen Trainer vorfand, sondern in Rene Deffke einen neuen Kollegen im Sturm. Bis März traf er in 7 Einsätzen 3x, konnte aber auch nicht verhindern, dass der BTSV seinen Ansprüchen punktemäßig meilenweit (seit dem Trainerwechsel von Lorkowski zu Sandhowe) hinterherhinkte. Ab April war er verletzt und musste sich einer Leistenoperation unterziehen. So ersparte er sich das hässliche Auftreten von Sandhowe bis zu dessen Entlassung.
Zur neuen Saison 1999/2000 hatte Eintracht in Reinhold Fanz einen neuen Trainer und Kolakovic zurückgekauft. Dem Jugoslawen lagen nach eigenem Bekunden (Interview Mitte August) mehrere Zweitliga-Angebote vor, für ihn sei jedoch nur Eintracht in Frage gekommen.
Die Verantwortlichen des BTSV hatten als Saisonziel nicht – wie im letzten Jahr – die Meisterschaft, sondern Platz 5 (bzw. 6) ausgegeben. Das hing mit der Regionalliga-Reform 2000 zusammen, wo aus 4 Staffeln 2 wurden und nur eine Abschlussplazierung bis 5 (bzw. 6) eine Aufnahme garantierte.
Der Beginn der Saison verlief für Kolakovic wie gewohnt. Bis zur Winterpause spielte er auch unter dem neuen Trainer regelmäßig, wenn er nicht verletzt oder krank war. Eintrachts Nummer 10 kam in 17 von den 20 Partien zum Einsatz (4x eingewechselt) und schoss 6 Tore. Allerdings hatte Fanz jede Menge neue Spieler verpflichtet, von denen auch einige Offensivkräfte waren. So wurden während der Hinrunde Thomas und Everson verpflichtet und in der Winterpause noch Dirk Weetendorf. Da auch noch Deffke existierte, bedeutete das für den Jugoslawen für die Rückrunde, dass er nicht immer „Erste Wahl“ war. Dennoch kam er in weiteren 11 Begegnungen -- teilweise auch nur recht kurz – zum Einsatz, schoss hierbei aber kein Tor mehr. Also eine „durchwachsene“ Saison für Kolakovic? Mag sein, dass der Stürmer das so empfunden hat, aber die folgende Aufstellung der Torschützen (mit mindestens 2 Treffern) macht deutlich, dass die „Löwen“ nicht mehr so sehr auf seine Tore angewiesen waren: Weetendorf 13, Thomas 9, Edmond 9, Everson 6, Hecking 5, Dermech 5, Deffke 2 Tore. Und Eintracht? Zwischenzeitlich (nach dem 24.SpT) schien sogar Platz 1 erreichbar. Am Saisonende landeten die „Löwen“ auf dem 3.Platz, 5 Punkte hinter dem Meister VfL Osnabrück (69 bzw. 74 Punkte). Saisonziel erreicht!
Die Saison 2000/01 in der nun nur noch zweigeteilten Regionalliga war für Kolakovic sicherlich die enttäuschenste in seiner Zeit bei den „Löwen“. Bis zur Winterpause war für den Jugoslawen und für Eintracht, das in Person von Gerhard Glogowski (für den zurückgetretenen Dohr) einen neuen Präsidenten hatte, noch alles in Ordnung. Der BTSV spielte teilweise begeisternden Fußball (4:1 gg Aue, 5:0 gg Uerdingen), führte souverän die Tabelle an und auch der jugoslawische Torjäger konnte mit seiner – (trotz des Karriereendes von Deffke, der gleich Berater wurde) zweifellos veränderten – Rolle zufrieden sein. Er war (im von Fanz nun vollständig umgekrempelten Kader) in 14 von den 20 Partien zum Einsatz gekommen, hatte einen Treffer selbst erzielt und vier vorgelegt. Für den Trainer war er eine gute Alternative. Allerdings plagten den Jugoslawen nun wiederholt Muskelprobleme, die ihn häufiger ausfallen ließen oder sich auf seine Leistung auswirkten. Daher unterzog er sich auch in der Winterpause einer Magnetfeldbehandlung, die zunächst eine Art „Wunderheilung“ vermuten ließ, aber dann doch nicht den gewünschten Erfolg hatte.
Nachdem Kolakovic in den ersten drei Partien der Rückrunde nicht eingesetzt wurde, kamen nach dem 2:2 bei Union Berlin (mit dem falschen Elfmeterpfiff für Union von Schiri Heynemann kurz vor Schluss), das heute noch viele als Auslöser für die folgende negative Entwicklung ausmachen, Unstimmigkeiten auf. Trainer Fanz, der in Falk und Endres noch mehr Alternativen für die Offensivpositionen zur Verfügung hatte, setzte den Jugoslawen im nächsten Spiel, das nicht den Witterungsverhältnissen zum Opfer fiel, ein: 3:1 bei TeBe Berlin! Das war es dann aber auch für Kolakovic mit den regelmäßigen Einsätzen und mit dem guten Verhältnis zum Trainer … und für Eintracht mit den Aufstiegsträumen. 1 Pünktchen aus den folgenden 4 Begegnungen ließen sämtliche Träume platzen. Milos kam unter Fanz nur noch in zwei Partien in der Startformation zum Einsatz, wurde aber beide Male ausgewechselt, und in weiteren drei Spielen als Einwechselspieler. Bei seiner letzten Einwechslung (0:1 am 33.SpT bei Fort.Düsseldorf) sah er darüber hinaus die Rote Karte, die ihm eine Sperre von 4 Partien einbrachte. Er erlebte daher die Entlassung des Trainers am 35.Spieltag sozusagen als Zuschauer. Das letzte Saisonspiel am 38.Spieltag (19 Mannschaften!) unter Interimstrainer Uwe Hain durfte Kolakovic dann noch ´mal durchspielen, holte auch sogar einen Elfmeter heraus. Bereits zu diesem Zeitpunkt stand jedoch fest, dass der BTSV, der die Saison auf einem enttäuschenden Platz 8 abschloss, kein Interesse an der Weiterverpflichtung des Serben hatte. Möglicherweise hing das mit der Tatsache zusammen, dass er sich von seinem ehemaligen Sturmkollegen Deffke beraten ließ. Deffke war aufgrund einer geplatzten Neuverpflichtung von Everson, an der eigentlich Manager Holdorf die Schuld trug, zur „persona non grata“ geworden.
Obwohl Milos angeblich einige Angebote aus Deutschland vorlagen (RW Essen, 1.FC Magdeburg), kehrte Milos in seine Heimat zurück. Er kickte von 2001 bis 2005 für OFK Belgrad in der 1.Liga Serbiens und Montenegros und wurde auch für die neue Nation Nationalspieler. 3 Einsätze bestritt er im Jahr 2004. Nach seiner Zeit für OFK bombte sich der 1,78m große Serbe noch bis 2009 durch die Lande. Seine Vereine waren nicht nur auf Serbien beschränkt, sondern er trat auch in Ungarn und Zypern gegen den Ball.
Heute lebt Milos Kolakovic wieder in seinem Geburtsort Belgrad und arbeitet als Scout für OFK
Milos ist bis heute Eintrachts Goalgetter Nummer 2 mit ausländischer Staatsangehörigkeit (nach Kumbela). In seinen 136 Punktspiel-Einsätzen schoss er 50 Treffer für die „Löwen“.
Wer weiß? Vielleicht hätte der BTSV im Jahr 2001 nicht Teixeira für teures Geld verpflichten und anstelle auf den Serben setzen sollen! Mutmaßungen!
Ein schönes Interview mit Milos ist am 18.4.2020 in regionalHEUTE.de erschienen.

[Stand: August 2022]